Nena landet mit ihren „99 Luftballons“ einen US-Hit. Auch Peter Schilling und Trio sorgen dort für Aufsehen.
Seien wir ehrlich: Die Welt ist ungerecht. Deutsche Bands, die noch dazu Deutsch singen, kriegen über dem großen Teich kein Bein auf die Erde, während die hiesigen Charts vor US-Acts nur so strotzen. Daran haben wir uns gewöhnt. Schuld ist im Zweifelsfall die böse, böse Sprachbarriere, und überhaupt – hat das Mutterland des Rock’n’Roll nicht quasi ein Anrecht auf Dauerpräsenz in den deutschen Charts? Sieht so aus. Von Hardrock Marke Scorpions oder Accept mal abgesehen, muss man in den USA für ein Stück vom Kuchen schon einen Avantgarde-Bonus wie Kraftwerk vorweisen, die es 1975 mit dem Album „Autobahn“ in die Top Five schaffen. Acts wie Die Einstürzenden Neubauten, George Kranz oder Palais Schaumburg bringen es in den 8oern in Amilands lokalen Clubszenen noch zu einer gewissen Berühmtheit, der Rest allerdings schaut in die Röhre. Erst 1984 hängt der große Bruder seine Bedenken gegen „Made In Germany“ für einen kurzen Moment an den Nagel. Radio-DJ Rodney Bingenheimer dudelt Nenas „99 Luftballons“ unermüdlich in seiner Show, und dank seines Engagements schwebt Frollein Gabriele Susanne Kerner alias Nena (r.) langsam aber sicher an die Spitze der Billboard-Charts. Ganz im Gegensatz zu England, wo der Song zeitgleich in der englischen Version „99 Red Balloons“die Pole Position einnimmt, stört in den USA niemanden der ungewöhnliche Klang der deutschen Sprache was allerdings auch daran liegt, dass man von der Existenz der „99 Red Balloons“-Version schlicht nichts weiß. Euphorisiert fabuliert man vom „Newest Pop Sweetheart“ und zieht den Vergleich zu Blondies Debbie Harry. Aus heutiger Sicht war Nenas Ausflug in die US-Charts jedoch nicht mehr als ein Strohfeuer. Die Hoffnungen der hiesigen Plattenindustrie, in Nenas Fahrwasser auch andere NDW-Acts oder überhaupt deutschsprachige Produktionen längerfristig in den USA etablieren zu können, sollten sich nicht erfüllen. Zwar tummelten sich Peter Schilling (kl. Foto links) oder Falco kurzzeitig in den Charts, und auch die Schweizer Elektropopper Yello mauserten sich zu gern gesehenen Club-Gästen, waren jedoch meilenweit davon entfernt, ernsthaft Fuß zu fassen. Die Lust der Amerikaner auf NDW-Exotik verschwand ebenso schnell wieder, wie sie kam. Sogar Trios minimalistisches „Da Da Da“ straften die Amis zunächst charttechnisch gesehen mit Nichtachtung, obwohl sich sogar Yoko Ono publicityträchtig mit den drei Antistars aus Großenkneten zeigte. Erst in den späten goern wurde der Titel dank eines VW-Werbespots von den Yankees wahrgenommen – Trio (oben) hatten sich zu diesem Zeitpunkt schon längst aufgelöst.