Zurück aus der Tiefe
Nanu, Sie kennen Sparks noch nicht? Eine der wichtigsten Bands aller Zeiten. Jetzt mit Album Nr. 21.
Wer weiß, wie die Popgeschichte ohne die Sparks verlaufen wäre? Sie gehören zu den einflussreichsten Bands aller Zeiten, aber ihre Ernte fuhren meist andere ein. Queen, Devo, Flaming Lips, Depeche Mode und auch Morrissey (bekennender Riesen-Fan) hätte es ohne die Vorarbeit der Gebrüder Rüssel und Ron Mael so vielleicht nie gegeben. Erst jüngst beriefen sich Franz Ferdinand auf das dynamische Duo aus Los Angeles. Die Sparks kombinierten den Freigeist von Frank Zappa mit dem Pop-Appeal von 10cc und dem Klanggespür eines Todd Rundgren. Anfang der 70er eroberten sie mit einer unbekannten Vorband namens Queen im Schlepptau England. Mit deren Gitarrist Brian May gab es gar Ablösegespräche – daraus wurde nichts, dafür kopierten Queen dann kurzerhand den Sparks-Sound, von den operettenhaften Koloraturen bis zu den hymnischen Ostinati – der Rest ist Geschichte. Russell Mael sieht es gelassen: „Erfolg kann man unterschiedlich bewerten. Uns gibt es noch. Das ist für mich Erfolg!‘ Die Sparks haben über die Jahre viele stilistische Inkarnationen durchschritten – ob es bei dieser Stil-Odyssee um ihre Songs oder eher um sie selbst ging, ist schwer einzuschätzen. Auch beim neuen Album exotic creatures of the deep liegt der Verdacht nahe, dass die Meister der Selbstdarstellung mit dem Titel niemand anders als sich selbst meinen. „Wir haben uns immer mit einem gewissen Abstand betrachtet“, bestätigt Russell Mael. „Mit jedem Album inszenierten wir uns neu und überließen es unseren Hörern, eine Interpretation zu finden, exotic creatures ist unsere zi. Platte, da wollten wir einfach mal unsere Karriere Revue passieren lassen. Heute hat kaum noch jemand eine Ahnung, wer die Sparks sind. Wir wollen dem Einsteiger ein Album geben, das die Sparks in ihrer gesamten Vielfalt repräsentiert.“
Es lohnt sich in der Tat, vom neuen Album aus in die Sparks-Historie abzutauchen. Die Texte haben nichts von ihrer Bissigkeit verloren, der Gesang ist so gespreizt wie in den besten Zeiten, und der Reichtum an verführerischen Melodien ist kaum zu übertreffen. Auf ihre alten Tage haben die beiden Stil-Chamäleons eine Art Metasound gefunden, der die Glam-, Artpop-, Disco- und Symphonie-Eskapaden der Band kunstvoll vereint. „Stil ist uns ungemein wichtig“, so Mael. „Er wird heute so oft vernachlässigt.“ Und apropos „Karriere Revue passieren lassen“: Ob die Sparks mit ihrem neuen Album das Comeback des Jahres feiern, darüber mag man ja noch diskutieren – das Rock-Event des Jahres haben sie aber in jedem Fall schon auf ihrem Kontoi2: Im Mai und Juni brachten sie in London im Rahmen des „Sparks Spectacular“ an 21 Abenden alle ihre 21 Alben komplett zur Aufführung. Wer da wohl wieder alles im Publikum saß und sich inspirieren ließ…
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albumkritik me 10/08