Wie man einer Atombombe den Mantel auszieht
Im Jammern, das sage ich ganz ohne Stolz, macht mir so leicht keiner was vor. Meine Güte, ich hab aber auch Scheiße am Schuh kleben (Sie sehen: geht’s schon wieder los]. Zum Beispiel ist mir vorhin in der Küche ein Topf mit in Wasser eingeweichten Milchresten von der Anrichte gekippt. Ich kann mich gar nicht erinnern, dass mir je zuvor ein Topf, noch dazu mit was drin von der Anrichte gekippt wäre. Ich kann auch nicht sagen, dass allzu oft Curver-Kisten voller CDs in meiner Küche herumstünden. Weil die ja da auch weiß Gott nicht hingehören. Sie ahnen, worauf ich hinaus will. Eine halbe Stunde lang knieten wir am Boden rum und haben CDs abgetrocknet. Die Booklets von YANKEE HOTEL FOXTROT und PULP:HITS kann ich als Bierdeckel verwenden. Außerdem fühle ich mich gerade etwas schwach … aber egal jetzt. Die Wissenschaft hat ja festgestellt hat, dass Jammern nichts taugt, weil man damit die Leute vergrätzt. Noch schlimmer als das Jammern ist das Jammern auf hohem Niveau. Und noch schlimmer als das – das hat jetzt nicht die Wissenschaft, sondern ich festgestellt – ist das immer mal wieder aufblubbernde Jammern der bornierten Heulbojen, die ihr ästhetisches Empfinden beleidigt sehen durch das Wirken der sogenannten „Gutmenschen“. Bill Bryson schrieb mal, es sage einiges über die Deutschen aus, dass es in unserer Sprache ein Wort wie „Schadenfreude“ gibt. Für die „Gutmenschen“ und die ihnen entgegengebrachte Verachtung gilt, finde ich, Ähnliches. Ich habe es nie ganz kapiert, was es zum Beispiel an Sachen wie der – jetzt von Supergutmensch Bob Geldof neu aufgezogenen – Band-Aid-Nummer oder an dervollgemalten „oxfam.com“-Hand von Chris Martin zu beweinen gibt. Wenn Sting damals auch nur zwei Hektar Regenwald gerettet hat, dann ist er mein Mann dafür. Ich muss mir ja deshalb nicht seine Yoga-Kurse und Platten reintun (obwohl TEN SUMMONER’S TALES echt okay war). Und wenn Bono sich dreimal am Tag einen darauf von der Palme wedelt, dass im Booklet der neuen, labbrigen [aber das tut ja eben nichts zur Sache] U2-CD neun Web-Adressen von NGOs abgedruckt sind, dann von mir aus gerne noch ein viertes Mal, wenn dafür gleichzeitig ein paar hundert oder tausend Leute mehr mal bei Amnesty International reinschauen. Diese tranigen Gutmenschen Die Fantastischen Vier haben sich jetzt auch was ausgedacht. Sie verlangen von jedem und jeder, dieauf die Gästeliste ihrer Tour will, fünf Euro Soli-Beitrag, die dann an „Ärzte ohne Grenzen“ gehen. Absolut unterstützenswert, bitte nachmachen (aber -im Ernst jetzt- bitte nicht alle, sonst fühle ich mich in meiner Würde als Freibiernase verletzt!).