Wie ex-Living Colour Vernon Reid seine Identitätskrise überwand


Als sich Kurt Cobain am 8. April ’94 in Seattle die Schrotflinte an den Kopf setzte und abdrückte, half er damit einem anderen Musiker über dessen schwerste Identitätskrise hinweg: Living Colour-Chef und -Gitarrist Vernon Reid. Seine Band war nach dem letzten Album ‚Stain‘ aufgrund menschlicher Probleme am Ende, und Reids Ehe war ebenfalls in der Auflösung begriffen.

„Kurt und ich haben uns zwar nie kennengelernt, aber mit seiner Tat sprach er direkt zu mir. Sein Tod rettete im Grunde mein Leben, denn ich stand damals am Abgrund: Zwar hatte ich viel Geld auf dem Konto und eine schöne Frau, aber ich fühlte mich trotzdem beschissen. Erfolg verändert eben nur die Äußerlichkeiten im Leben. Ich wußte nicht mehr, wer ich bin. So ein Gefühl zermürbt dich und bringt dich auf Dauer um. Als ich von Kurts Tat hörte, sagte eine innere Stimme zu mir: Du mußt weg hier! Das war der Wendepunkt.“

Fortan waren Living Colour Geschichte. Und weil Kurt Cobain ihm zum Durchblick verhalf, sprach Vernon Reid den toten Nirvana-Frontmann jetzt mit dem Song ‚Saint Cobain‘ heilig. Doch auch lebende Legenden haben auf Reids Solo-Debut ‚Mistaken Identity‘ mitgewirkt: etwa Miles Davis-Produzent Teo Macero oder Prince Paul, der als Klangregisseur von De La Soul bekannt wurde. Dem unterschiedlichen Background aller Beteiligten entsprechend ist ‚Mistaken Identy‘ eine bunte, fast rein instrumentale Mischung aus HipHop-Beats, Jazz-Improvisationen und Rock-Riffs geworden. Und Reid ist glücklich damit: „Das bin ich. Und ich bin stolz darauf, denn ich habe mich nicht mehr hinter einer Bandindentität versteckt.“ Identitätskrise abgehakt.