When U2 comes to town
In Irland, der von Wirtschaftskrisen gebeutelten Heimat des Musikalien-Konzerns, werden die Geschäfte von U2 mittlerweile kritisch beäugt. In den vergangenen Wochen kam es zu einer offenen Kontroverse zwischen Gruppe und Öffentlichkeit. Grund: die Ticketpreise für fünf Konzerte in Dublin, mit denen U2 Ende Dezember ihre diesjährige Tour beenden. Zunächst waren Preise von 60 und 75 Mark pro Karte angekündigt worden. Es hagelte Proteste. Dürfen Prediger derart pralle Profite einfahren, fragten sich die U2-Jünger, bislang an eine eher moderate Preispolitik der Band gewöhnt.
U2-Manager Paul McGuinness sah sich denn auch zähneknirschend gezwungen, auf 54 beziehungsweise 48 Mark herunterzugehen. Der Öffentlichkeit rechnete er vor, daß seine Schützlinge bei den reduzierten Preisen praktisch zum Nulltarif spielen: „Logischerweise richten sich die Eintrittspreise auch nach der Zuschauerzahl. In Dublin treten U2 vor nur jeweils 4500 Leuten auf, weil gerade die Konzerte in unserer Heimatstadt zu einer intimen Angelegenheit werden sollen. Die Produktionskosten für unsere aufwendige Show sind schließlich nicht beliebig reduzierbar. Das bedeutet, daß mit den neuen Eintrittspreisen wohl kaum noch etwas an den Konzerten zu verdienen sein wird. „
Dublin ist keine Ausnahme. Auch dort, wo U2 mühelos ganze Arenen füllen könnten, spielt die Band in vergleichsweise kleinen Hallen. Damit soll gefördert werden, was dem aufrechten Kleeblatt aus Irland stets wichtig war: der intime Kontakt zum Publikum. Bono: „Unser Glaube an das Publikum ist ungewöhnlich stark. Daher ist das Feedback der Konzertbesucher für uns geradezu lebenswichtig.“
Um so düpierter war die Band, als ausgerechnet in ihrer irischen Heimat die Fans ob der Eintrittspreise auf die Barrikaden gingen. Den Schwarzen Peter für den Eklat um das Heimspiel schiebt Manager McGuinness allerdings weniger der bislang treuen U2-Gemeinde zu, sondern in erster Linie den bösen Medien: „Es war schon ziemlich bitter, in den letzten Wochen die irischen Zeitungen zu lesen. Das ganze Gerede um ein paar Pfund rauf oder runter! Kein Wort davon, daß U2 in den vergangenen Jahren in wirtschaftlicher Hinsicht mehr für ihr Land getan haben als jeder andere in der irischen Industrie. Kein Wort auch über das Engagement der Band für ihre Heimatstadt Dublin.“
Der Frust sitzt tief – und wird auch nicht durch die garantierten Millionenumsätze der laufenden Tournee gelindert. Weil die große Kohle aber nicht zum Bild der bodenständigen Burschen aus Dublin paßt, ist Paul McGuinness ständig bemüht, die gigantischen Betriebsergebnisse seiner Firma herunterzuspielen. So verweist er darauf, daß die Band bewußt Umsatzeinbußen in Kauf nehme, indem sie auf Konzerte in Fußballstadien verzichte. Unerwähnt läßt McGuinness in diesem Zusammenhang, daß die Gruppe gleich an mehreren Tagen hintereinander Hallen von beträchtlicher Größe füllt – und so Fahrt- und Umbaukosten spart. Kritik an der Preispolitik will McGuinness auch grundsätzlich nicht gelten lassen.
„Bisher waren unsere Preise die niedrigsten der Welt“, verkündet er stolz und hat dabei Eintrittspreise von vergleichbaren Mega-Acts im Hinterkopf – Prince etwa, Springsteen und die Simple Minds bis hin zu Frank Sinatra. U2, ein Wohltätigkeitsverein? Zumindest der irische Fiskus weiß es besser; So fließt allein in diesem Jahr ein zusätzlicher Betrag von rund 165 Millionen DM in die U2-Kasse. Island Records nämlich, zu 30 Prozent in U2-Besitz, wurde im September für 550 Millionen DM an den Medien-Riesen Polygram verkauft.
Dennoch bastelt die Band nimmermüde am Image der Jungs von nebenan. Man fährt, wie zuletzt in Australien, nicht im Rolls Royce zur Pressekonferenz, sondern im verbeulten Billig-Japaner. Kein schwarz verglaster Luxusbus zum Schutz vor lästigen Blicken, sondern das Bad in der Menge begeisterter Autogrammjäger.
Die beinharten Fans treten ihren Helden entgegen, wie es denen am liebsten ist: in T-Shirts oder wärmender Oberbekleidung aus der U2-Kollektion. Das Merchandising-Geschäft ist auch für die Rock ’n‘ Roller aus Dublin zu einer fröhlich sprudelnden Einnahmequelle geworden. Wenn es um die Einkünfte aus diesem Geschäftszweig geht, hält sich Manager McGuinness allerdings bedeckt: „Das sind innerbetriebliche Angelegenheiten, nach denen sich auch andere nicht fragen lassen.“
Im übrigen, wiegelt der in-Kaufmann ab, werde der Handel mit dem bunten Merchandising-Allerlei maßlos überbewertet. In Großbritannien und Irland beispielsweise seien die Umsätze eher bescheiden. Jedenfalls im Vergleich zu Amerika, wo der Verkauf von Buttons. Schals und Sweatshirts eine beträchtliche Rolle spiele, wie McGuinness einräumt. Zahlen mag der Marketing-Mann aber nicht nennen. U2 als Großverdiener, das kratzt eben am Image der Bruderschaft um Bono, die allerorts als genügsame Gemeinschaft geschätzt wird.
Auch Marek Lieberberg, der Veranstalter der U2-Konzerte in Dortmund, bricht eine Lanze für die schlichten Stars: „Ich habe Jetzt zum wiederholten Mal mit der Band zu tun und kann nur sagen, daß das sehr bescheidene Leute sind, die nie mit irgendwelchen ausgefallenen Forderungen daherkommen.“ Die drei von Lieberberg veranstalteten Konzerte in der Westfalenhalle (16500 Zuschauer pro Show) sind bereits seit Wochen ausverkauft, obwohl auf ausdrücklichen Wunsch von U2 nur maximal vier Tickets pro Person verkauft werden durften.
Die Eintrittskarte kostete 42 Mark. „Ein Preis, der sich im Vergleich zu anderen Acts dieser Größenordnung auf dem unteren Level bewegt“, wie Lieberberg betont. Über die Höhe der Produktionskosten in Dortmund möchte sich der Veranstalter nicht auslassen („dazu bin ich nicht befugt“). Soviel aber steht schon jetzt fest: Die Fans werden auf ihre Kosten kommen. Die Band allerdings auch. (why)