Wet Wet Wet


Können sich 2300 Konzertbesucher irren? Sie feierten im ausverkauften Deutschen Museum zwei Bands, die ihnen an einem Abend die doppelte Dosis artverandter Musik boten.

Lautstarker Applaus begrüßte bereits die Grace Kairos – eine erstaunliche Reaktion für eine solche Vorgruppe. Denn die gekünstelte Mixtur aus britischem Pop. Sixties-Beat und einer Prise Soul klingt so, wie diese Hamburger Popper aussehen: brav und nichtssagend.

Punkt 21 Uhr öffnet sich dann zu orchestralem Pomp der Vorhang für Wet Wet Wet. Und was sich auf den drei Alben aalglatt anhört, bringt das Quartett live mit Unterstützung eines Gast-Gitarristen und einer dreiköpfigen Bläser-Abteilung druckvoll und kantig. Im Mittelpunkt der Show steht Sänger Marti Pellow, ein Teenie-Schwarm ohne die Ausstrahlung des echten Entertainers. Wenn er sporadisch mit den Hüften kreist, reißt das zwar die zahlreich anwesenden Mädchen zum Kreischen hin. Doch seine Stimme besitzt keine markanten Eigenschaften: sie ist zu verkrampft soulig und gefühllos. Das beweist der Twen hörbar, als er in „With A Little Help From My Friends“ die Version der Beatles mit der von Joe Cocker fusioniert oder im erdigen Titel „H.T.H.D.T.G.T.“ wie James Brown klingen will.

Nachdem Wet Wet Wet vor allem Songs von der neuen LP HOLDING BACK THE RIVER vorgestellt haben, beenden sie mit den Hits „Sweet Little Mystery“. „Angel Eyes“ und“.Sweet Surrender“ nach 55 Minuten das Konzert. „Temptation“ heißt die zweite und letzte Zugabe. Diese Ballade dehnen sie mit Anspielungen auf Desmond Dekkers „Israelites“ und Bob Marleys „No Woman, No Cry“ auf überlange 20 Minuten. Der durchweg stürmische Beifall kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß es der antiseptischen Synthese aus süßem Schmusepop, pseudo-schwarzem Soul-Feeling, geclontem Gospel und Möchtegern-Memphis-Touch an Tiefgang wie an Emotionen fehlt. Wet Wet Wet will eine weiße Soul-Band sein, präsentiert aber im Vergleich zu Simply Red, die ja nun auch nicht gerade das Gelbe vom Ei bieten, Drittliga-Soul ohne Seele und Schweiß. Doch die Durchschnittlichkeit ihrer Songs wissen die smarten Schotten dank eingängiger Refrains gekonnt zu kaschieren. Das Ergebnis ist höchst perfektes Mittelmaß.“