Watch That Man – Bowie im Film
Sieht man von ein paar unbedeutenden Auftritten in Filmen und Kurzfilmen in den 60er-Jahren ab, erlebt David Bowie seine Premiere als Schauspieler recht spät in seiner Karriere, 1976, in Nicolas Roegs verrätselndem Science-Fiction-Film „Der Mann, der vom Himmel fiel“.
In den ersten Bildern sehen wirdie Titelfigur aus der Totalen als ungelenken Fremdkörper, der mühevoll einen Sandhügel in der kalifornischen Wüste hinunterstakst, wie eine Spinne vom Mars, die auf sich allein gestellt den berühmten Todestanz aus Bergmans“.Das siebte Siegel“ nachstellt – ein thin white duke. wie ihn auch Major Tom nicht besser auf die Erde hätte schicken können.
In diesen ersten Momenten seiner Schauspielkarriere findet sich die Essenz des Filmdarstellers David Bowie, aber auch seine Limitierung, die ihn vor der Kamera letztlich scheitern ließ und eine Entwicklung als Mime unmöglich machte. Denn das Kino, so ehrlich muss man sein, war nie interessiert an David Robert Howard-Jones, der womöglich ein famoser Schauspieler hätte werden können.
Es wollte David Bowie, das Kunstwesen. Es war interessiert an dem, der Ziggy Stardust. Aladdin Sane und der Diamond Dog gewesen war, der seine Themen Berühmtheit, Enfremdung und Künstlichkeit als Musiker und Performer schon einmal durchdekliniert hatte. Es wollle von seinem Glanz des Andersseins, des Exaltierten profitierten. Aber zurückgegeben hat das Kino David Bowie nicht sehrviel.
In“.Der Mann, dervom Himmel fiel“ spielt er ein androgynes Wesen, das 2war Thomas Newton heifit und dem 1963 erschienenen Roman von Walter Tevis entlehnt ist, aber mühelos von einem von Bowies extraterrestrischen Konzeptalben stammen könnte. Drei Jahre später besetzt man ihn an der Seite von Marlene Dietrich (großartige Ideel in David Hemmings‘ „Schöner Gigolo, armer Gigolo (grausamer Filml wieder keine große Fantasieleistung ; Den Mann im Zuge seiner gerade abgeschlossenen Berlin-Trilogie in einem Film über die Dekadenz des Berlins der 20er Jahre zu besetzen, lässt ahnen, dass es Bowie schwer fallen wird, vor der Kamera je jemand anderes als Bowie zu sein. In „Begierde“, vier weitere Jahre später, ist Bowie als vampirischer Liebhaber Catherine Deneuves blass, blutarm und androgyn – mit anderen Worten: ganz schön Bowie.
Die erste schauspielerische Herausforderung kommt im gleichen Jahr mit Nagisa Oshimas „Furyo, Merry Christmas, Mister Lawrence“ über britische Kriegsgefangene in einem japanischen Lager. Erstmals wird Bowie als Schauspieler ernst genommen. Und erstmals scheint er selbst die Schauspielerei ernst zu nehmen: Kurz kann man erahnen, dass eine Karriere im Film möglich wäre, wenn Bowie wollte. Er zieht die Musik vor und hat lustlose Gastauftritte in“.Kapitän Dotterbart“ und „Kopfüber in die Nacht“, bis er 1986 noch einmal einen Anlauf als Schauspieler nimmt. Aber „Absolute Beginners“ ist enttäuschend, und „Die Reise ins Labyrinth“ geht schon altein deshalb nicht, weil Bowie darin aussieht, als würde ersichumden vakant gewordenen Posten als Sänger von Kajagoogoo bewerben.
Das scheint er selbst einzusehen. Mit Ausnahme seines Auftritts als Pontius Pilatus ler ersetzt den eigentlich vorgesehenen Sting) in Martin Scorseses „Die letzte Versuchung Christi bleiben die Leinwände den Rest des Jahrzehnts von Bowie verschont. Was danach bis heute folgt, sind kleine Rollen und Gastauftritte, Kurioses (beispielsweise 1996 als Andy Warhol in „Basquiat“!
und Belangloses. Dass Bowie aktuell im Kino in Christopher Nolans „The Prestige“ als Nikolas Tesla so gut ist wie eigentlich nie zuvor, mag daran liegen, dass keiner mehr den Ziggy erwartet, wenn man ihn im Kino sehen will. So bleibt der Blick zurück im Schmerz: Die archetpyische Rolle des Schauspielers David Bowie hat er in“.Christiane F.-Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“. Eben als Bowie selbst, der „Heroes“ singt. Das kann man an einem einzigen Tag sein. Für eine Schauspielkarriere braucht man längeren Atem und größere Austauschbarkeit als der Mann, der vom Himmel fiel, um der wichtigste Popstar der 70er-Jahre zu werden.