Kolumne

Warum wir diesen Spätsommer lieber zu Hause bleiben sollten


Was hilft gegen die menschengemachte Menschheitskrise? Romane lesen wohl kaum ...

So, der Spätsommer droht, schnell noch etwas Post wegarbeiten. Was liegt vor? Die „Stiftung Lesen“ schreibt: „Reisezeit ist Lesezeit! Mit Zeitschriften im Urlaub Langeweile überbrücken!“ Ich aber sage: Reisezeit ist Erlebnisse-und-mit-aufgeschlossenem-Geist-erhellende-Erfahrungen-in-der Fremde-sammel-Zeit. Wer lesen will oder Gefahr läuft, im Urlaub Langeweile zu erleiden, weil er/sie schon so stumpf ist von den ständigen 7-Tage-Trips zu irgendwelchen Trend-Destinationen, der/die möge daheim bleiben, sich in den Garten, auf den Balkon, auf den Diwan legen und: lesen. Denn Lesen ist Reisen im Kopf!

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Aber dafür braucht man dann nicht das Klima sowie Nerven, Umwelt und Infrastruktur der Einheimischen ferner Länder zu belasten, indem man diesen gelangweilten Kopf samt Torso, Podex und 2 Zentner Gepäck in ein Flugzeug hievt und an einen Strand schafft, um dann dort gegen den dräuenden Ennui eine betäubende Romance-Novel zu lesen. Ich denke, das leuchtet ein. Was noch?

Wir müssen die menschengemachte Plastikkrise stoppen!

Der WWF mahnt: „Wir müssen die menschengemachte Plastikkrise stoppen!“ Hübsch, „die menschengemachte Plastikkrise“. Man darf abwarten, wann der erste AfDler klarstellt, die Plastikkrise sei nicht menschengemacht, sondern von Tieren! (geschieht den Mistviechern ganz recht, das Artensterben!) Oder halt ein natürlicher Prozess. Plastikkrisen hat’s immer gegeben in der Erdgeschichte – hier ein paar Belege dafür, frisch aus ­meinem schwarzbraunen Anus gezogen.

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Weiter? Reden wir noch über Fußball. Nach dem Rücktritt von Gareth Southgate (oder wie wir hierzulande sagen: Thousgate, analog zu Thonic Yous) ist in England ja zur Stunde der Nationaltrainerposten vakant, und als Nachfolger ist, wie man hört, ein Deutscher im Gespräch, nämlich … Bitte? Hach, Sie schmeicheln mir – nein, klar: Jürgen Klopp. Ebenso klar ist, dass die mit dem dann 2026 die WM gewinnen würden, und da muss man jetzt abwägen: Einerseits würde dann mit dem englischen Lamento von wegen 30 und dann ja schon 60 years of hurt eine unersetzliche Popkultur-Konstante verlorengehen. Andererseits wären die Engländer dann vielleicht so happy und dankbar, dass sie zur Vernunft kommen, ihre ­Brexiteers und Faschisten zum Teufel jagen und mit fliegenden Fahnen in die EU zurückkehren, und man könnte das Mutterland des Pop endlich wieder liebhaben. Und das wär doch auch was. Mensch, das wär was …

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Hier muss ich aber etwas Wasser in den Wein gießen, denn so sicher ist das freilich nicht, ob die WM 2026 nicht ggf. wegen Weltkriegs auf unbestimmte Zeit verschoben werden muss. Sie kriegen es mit – wenn Sie mal von Ihrer Strandlektüre aufblicken, hallo? –, da braut sich ja global einiges zusammen. Aber wenn hier demnächst, ich sag’s mal altmodisch: der Russe in der Tür steht, dann haben wir jedenfalls die Schuldenbremse eingehalten! Jawoll! – na na na, warum denn jetzt noch die miesen Vibes und das uncoole W-Wort? Hat da einer die Hosen voll? Nun, ehrlich gesagt: Ja. Aber hey! Jetzt erst mal einen schönen Rest-Sommer! Und sollten Sie sich langweilen: Sie können gern vorbeikommen und mein Boot streichen. Bildlich resp. mit Gunter Gabriel gesprochen. P.S.: Ceterum censeo „Lanz & Precht“ esse abolendam.

Diese Kolumne erschien zuerst in der Musikexpress-Ausgabe 09/2024.