Warum Ihr alle das Sziget Festival 2017 besuchen solltet
Vom 10. bis 17. August fand in Budapest das Sziget Festival 2016 statt. Wir stürzten uns für Euch uns Getümmel und kamen beeindruckt zurück.
Der Bass wummert, Reggae-Musik prallt auf volkstümliche italienische Songs, im Minutentakt laufen Besuchertrauben feiernd und singend vorbei – doch eine hartgesottene Gruppe von Australiern sitzt entspannt vor ihrem Zelt und genießt tschechisches Bier. Ihre Zelte haben sie an einer Weggabelung auf der Insel „Óbudai-sziget“ im Norden Budapests errichtet. Die Zeltstangen und als Wäscheleinen installierten Schnüre zwischen den Bäumen wippen im Takt der benachbarten „World Music Stage“. Nebenan huldigt eine Meute einen Künstler im „Afro-Latin-Reggae Village“ und der Strom Richtung Main Stage ist ungebrochen. Kein Problem für die australischen Festivalbesucher – man sei ja nicht zum Schlafen hier, sagen sie. Eine bemerkenswerte Einstellung, denn das Sziget Festival dauert ganze sieben Tage. Die Bühnen werden bis in die Morgenstunden bespielt. Zelten ist (fast) überall erlaubt, es gibt keine strikte Trennung zwischen Festival- und Campinggelände.
Am Eingang wird den Besuchern, die mit Tram, Taxi oder aber mit einer Fähre anreisen können, ein Pass ausgestellt. Darin sind das komplette Programm des Festivals und Informationen enthalten. Auch Stempel dürfen gesammelt werden, die wiederum zu einer „Green Card“ verhelfen können. Die Besucher werden liebevoll „Szitizens“ genannt. Auf der Insel mitten in der Donau entsteht für eine Woche wahrlich eine eigene Welt.
In dieser Welt geht es nicht primär darum jede Band zu sehen, die auftritt, sondern um das Festival-Erlebnis als solches: Beim Sziget könnt Ihr Zirkusartisten bei ihren Kunststücken beobachten und Euch danach selbst im Jonglieren und Turnen üben. Ihr könnt Euch in der „Artzone“ mit Pinsel, Farbe und Nähmaschine austoben, während nebenan im aus Paletten erbauten „Colosseum“ den ganzen Tag getanzt wird. Im „Magic Mirror“-Zelt lauschen die Besucher Diskussionen mit einem Glas Wein in der Hand, das von der „Wine Bar“ mit ausgewählten Weinen stammt. Auch eine Partie Beach-Volleyball ist auf dafür angelegten Feldern möglich – und am Abend wird im „Wedding Tent“ geheiratet.
Das Sziget Festival, was übrigens schlichtweg „Inselfestival“ bedeutet, spricht alle Altersklassen an – Teenager aus aller Welt, Mittzwanziger, Eltern mit Kindern und ältere Herrschaften tummeln sich jedes Jahr im August auf der Donau-Insel. Diese Mischung schlägt sich auch im Line-up nieder. 2016 wurde die Veranstaltung von Die Antwoord und Rihanna eingeläutet, am Wochenende von Manu Chao, Muse und David Guetta angeführt und klang mit Sia und Hardwell schließlich aus. Wer sich mit den Headlinern nicht so recht anfreunden wollte, hatte mehr als genug Möglichkeiten auszuweichen.
Sigur Rós etwa boten ein verführerisches Set an, das von ausgeklügelten Visuals begleitet wurde. Der einzige Nachteil: die sommerliche Abendsonne. Es hätte ganz gut getan die Isländer bei Dunkelheit spielen zu lassen. Dennoch schafften sie es zumindest einen Teil des Publikums in ihren Bann zu ziehen. Der Rest wartete nämlich ungeduldig auf Muse, die zwar eine solide Rockshow inklusive Luftballons, Konfetti & Co. hinlegten, aber bereits mit Müdigkeitserscheinungen zu kämpfen schienen. Kein Wunder, die Band ist bereits seit vergangenem Jahr mit ihrem aktuellen Album DRONES auf Tour.
Noel Gallagher hingegen zeigte sich ganz aufmerksam und nörgelte über gähnende Zuschauer in der ersten Reihe, Leute mit Sombreros, die gar keine echten Mexikaner waren, und den Steg, der die Verlängerung der Bühne darstellte, denn „wer braucht so was schon, die Musik reicht doch vollkommen“. Trotz allem erfüllte er dem Publikum den Wunsch nach Oasis-Songs mit „Wonderwall“ und „Don’t Look Back In Anger“ und bedankte sich brav und artig. Den vermeintlich überflüssigen Steg nutzten die Last Shadow Puppets nur einen Tag später für eine ausführliche Darstellung ihrer selbst. Gekonnt ignorierten Alex Turner und Miles Kane den Kreischpegel, der nach jedem Song nahezu unerträglich wurde, und feierten vor allem ihre Männerfreundschaft und die Musik.
Generell sollte man sich beim Sziget eine Devise ganz besonders zu Herzen nehmen: einfach treiben lassen. Um die komplette Insel mit allen Bühnen, allen Angeboten, Kinos sowie Theatern, Essen aus aller Welt, Bier-, Cocktails- und Weinständen, die mit Lichtern geschmückten Gassen und Zeltplätze zu erkunden, benötigt man mehrere Stunden bis zu einem Tag. Die Insel macht ihrer Bezeichnung als „Island of Freedom“ alle Ehre. Alle sind willkommen, jeder findet seine Nische, seine Bands, sein Genre, seine Freizeitaktivität.
Kommendes Jahr feiert das Sziget Festival vom 9. bis 16. August sein 25-jähriges Jubiläum. Auf der Homepage werdet Ihr über aktuelle Updates informiert.