Walk on the wild side
Tori Amos
Halb Konzert, halb rituelle Handlung: Mit einem Bassisten und einem Schlagzeuger bringt Tori Amos ihr neues Album „Scarlet’s Walk“ auf die Bühne.
Kurz bevor Tori Amos die Konzerte der „On Scarlet’s Walk“-Tour mit dem indianischen „Wampum Prayer“ eröffnet, verbrennt sie hinter der Bühne Salbeiblätter. Ihre Vorfahren, amerikanische Ureinwohner, pflegten diesen Brauch, um mit dem Duft der Pflanze einen geschützten Raum für Zeremonien zu schaffen. Tori Amos‘ Konzerte sind Rituale. Jeden Abend bereitet sich die Künstlerin lange mental auf die Show vor, um über zwei Stunden die Präsenz und Intensität aufzubringen, das Publikum von der ersten bis zur letzten Reihe zu fesseln. Zwischen 20 und 30 Songs – vornehmlich aus den Alben „Little Earthquakes“, „Under The Pink“, „Boys For Pele“ und „ScarleT’s Walk“ -stehen auf dem Programm, arrangiert für eine Trio-Besetzung mit Matt Chamberlain (dr) und Jon Evans (b). „Alles wird sehr rhythmisch sein“, versprach Tori vor der Tour. „Wir haben verschiedene Set-ups. Ich freue mich schon.“ Zwischen eine abendlich wechselnde Auswahl von Klassikern wie „Winter“, „Cornflake Girl“ und „Horses“ streut Tori regelmäßig Raritäten ein. So flüsterte sie in Tampa Bay, Florida, „you may remember this“, bevor sie eine neue Version von „Cool On Your Island“ von ihrem fehlgeschlagenen 88s-Pop-Debüt „Y Kant Tori Read“ spielte. In New Jersey überraschte sie Fans mit vier Strophen des Kinderliedes „Wheels On The Bus“
(http://singalongwithme.com/wheels), bevor sie sich auf besonderen Wunsch ihrer anwesenden Mutter in zwei Versuchen an eine öffentliche Probe der selten gehörten B-Seite „Black Swan“ wagte. Tori hat angekündigt, sich nach dieser Tour für eine Weile zurückzuziehen. „Bitte erwartet nach der Tour nicht so bald ein neues Album von mir“, seufzte sie im August. „Ich hab altes in Scarlet’s Walk‘ gelegt. Jetzt muss eine Zeit kommen, in der ich mich wieder auflade. Die Output-Phase wird bald zu Ende sein.“ Ein Grund mehr, im Januar und Februar dabei zu sein, wenn die Ausnahme-Künstlerin bei „Crazy“ mit einem Lächeln ihr Innerstes nach außen kehrt, wenn sie ihren Flügel bei „A Sorta Fairytale“ mit liebevollen Pieksern in die Holzwand anspornt, sich in melodiösen Improvisationen verliert und bei „Past The Mission“ gleichzeitig links den Bösendorfer („Diese Schöpfungen sind nicht nur Klaviere. Sie sind lebendig. Ich spreche mit ihnen“) und rechts das Wurlitzer- und Fender Rhodes-Piano bearbeitet. Wir sind stolz, die fünf Konzerte einer Frau zu präsentieren, die auf der Bühne immer höchst beeindruckend und an einem guten Abend auch mal eine Offenbarung ist.