Kolumne

Von AC/DC bis Slime: Diese Bands haben die besten Logos


Jan Müller erklärt in seiner Kolumne, welche Bands bei ihrer Logo-Wahl ins Schwarze getroffen haben.

Ich freue mich ganz doll, dass Teile dieses Hefts mit einer 7’’-Schallplatte meiner Band Tocotronic ergänzt sind. Ich freue mich insbesondere deshalb, weil ich völlig vergessen hatte, dass wir für unsere damalige Single „Hi Freaks“ ein eigenes Titel-Logo entwickelt hatten. Dabei sind Logos für Single-Titel vollkommen überambitioniert.

Wichtiger sind Bandlogos. Wir sind froh, dass wir seit unserem ersten Auftritt im Jahr 1993 unser Tocotronic-Logo haben. Es ist einfach, sachlich und gegen den Zeitgeist der 90er gerichtet. Glücklicherweise haben wir uns dieses Logo von niemandem aus- reden lassen. Es ist uns inzwischen so selbstverständlich, dass wir auf unseren Albumcovern seit einiger Zeit auf seinen Einsatz verzichten. Stattdessen lassen wir uns bei unseren Titel-Artworks von fremden Bandlogos inspirieren. Bei unserem Album NIE WIEDER KRIEG stand die Grafik der Band Grobschnitt Pate. Auch unser GOLDEN-YEARS-Titel ist wieder ein Zitat. Auf wen wir uns diesmal beziehen, verrate ich allerdings in diesem Text nicht.

Beim wundervollen Logo der Band ChaosZ ist zu erkennen, dass mit Edding und Lineal gearbeitet wurde

Als Kind zeichnete ich tagelang die Logos meiner Lieblingsbands AC/DC, Kiss und Iron Maiden nach. Das machte schon was her und war gar nicht so schwer, wie ich zunächst vermutet hatte. Nach meinem Wechsel ins Punk-Segment war beim Nachzeichnen noch weniger Geschick vonnöten. Beim wundervollen Logo der Band ChaosZ ist zu erkennen, dass mit Edding und Lineal gearbeitet wurde. Auch das Slime-Logo ließ sich ohne viel Mühe nachstellen. Es gibt sogar Bands, die ich nur deshalb mag, weil ihre Logos und ihr Gesamtdesign so fantastisch sind.  Zum Beispiel Discharge. Ihre konsequente Schwarz-weiß Ästhetik war den wirtschaftlichen Umständen geschuldet und ist vielleicht gerade deshalb so faszinierend. Dieser Look wurde dann im Black Metal von Bands wie Darkthrone und Immortal auf die Spitze getrieben.

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Bandlogos kamen erst mit der Erfindung der Langspielplatte auf; und es gibt durchaus Gruppen, die in ihrer aktiven Karriere nie ein festes Logo hatten. Zum Beispiel die Beatles. Ihr berühmtes Logo mit dem übergroßen B und dem tiefer gestellten T findet sich zwar in verschiedenen Variationen auf Ringo Stars Bassdrum, aber auf keinem ihrer regulären Alben. Die Rolling Stones waren den Beatles in diesem Punkt voraus. Sie führten ihr von John Pasche gestaltetes „Tongue-and-Lips“-Logo im Jahr 1970 ein. Es ist wohl das brillanteste Bandlogo überhaupt. Allenfalls die Anarchopunkband Crass kratzt mit ihrem Logo an der legendären Zunge.

Designer-Logos von Bands wie Yes, Chicago, ELP oder ELO sind zwar ansehnlich, aber eben nicht einzigartig

Designer-Logos von Bands wie Yes, Chicago, ELP oder ELO sind zwar ansehnlich, aber eben nicht einzigartig. Lieber mag ich Logos, die einen DIY-Charakter haben. Funkadelic oder Love liefern dafr tolle Beispiele. Guns N’ Roses hingegen entschieden sich für ein aufwendiges Angeber-Logo. Ich finde das etwas schäbig, aber immerhin noch besser als das Nirvana-Logo mit seiner scheußlichen Typographie. Sieht das absichtlich so schlecht aus? Aber es geht noch schlimmer. Das heftigste Logo liefert die norwegische Band a-ha. Nur vier Zeichen und dennoch werden hier nicht zueinander passende Typographien so unangenehm durcheinandergeworfen, dass die Augen des Betrachters kapitulieren. Es ist völlig klar, dass die Person, die sich das ausgedacht hat, einen soliden Welthass in sich trug.

Und außerdem ist dieses Logo der maximale Kontrast zur erhabenen Musik von a-ha. Mit der Einführung der Computer-Grafkprogramme wurde viel Unheil in die Welt der Bandlogos gebracht. Die KI macht es nun noch schlimmer. Die Zeit der möchtegern-professionellen Logos ist angebrochen. Ich erspare uns Beispiele. Wenn ich Boss einer Plattenfirma wäre, würde ich nur Bands mit einem wirklich selbst gestalteten Logo unter Vertrag nehmen. Es wäre mir einerlei, ob zur Erstellung ein Filzstift, Füller oder Faustkeil eingesetzt wurde; doch einfallslos sollte es nicht sein. Eigentlich sollten Logos immer so aussehen, dass man sich beim Betrachten denkt: „Ja, das hat wohl der Bassist oder die Schlagzeugerin gezeichnet oder gedruckt.“ Schließlich sind Bands keine Turnschuh-Firmen oder Limonaden-Konzerne, sondern verschworene Gemeinschaften.

Auch Tocotronic haben sich Gedanken um ihr Bandlogo gemacht.

Das umstrittene Kiss-Logo hat sich übrigens der Gitarrist Ace Frehley ausgedacht. Und unser Toco-Logo? Das hat unser Schlagzeuger Arne Zank entworfen. In der verstaubten Keller-Bleisatzwerkstatt der Hamburger Hochschule für Gestaltung, Außenstelle Wartenau. Leider ist nicht mehr ermittelbar, wie die benutzte Schrift heißt. Aber es ist auch egal: Zwei Pfeile dran und fertig ist das Readymade

Diese Kolumne erschien zuerst in der Musikexpress-Ausgabe 2/2025.

Marco Prosch Getty Images