Video der Woche: Robyn – ‚Call Your Girlfriend‘
In "Call Your Girlfriend" zeigt Robyn ihre Verletzlichkeit. Das macht sie einzigartig.
Wer im Veröffentlichungsdurcheinander der Schwedin im vergangenen Jahr ein wenig den Überblick verloren haben sollte (zwei Alben, eine EP, drei Singles und am Ende des Jahres noch eine Art Best-of-Compilation von 2010), möge hier nun wieder aufmerken: Call Your Girlfriend, ihre bereits im April veröffentlichte neue Single, ist eine Bombe von einer (tanzbaren) Popballade, die auf so aufrechte und erwachsene Weise über die Liebe und den geordneten Rückzug des Schlussmachens erzählt, dass man sich umgehend fragt, warum man sich eigentlich mit all dem anderen Popsongtexte-Dünnpfiff herumschlagen soll – wo es doch Robyn gibt.
Verspätet reicht sie nun auch noch ein Video nach, das „Call Your Girlfriend“ in der geordneten Welt des Musikfernsehen-Zeitalters von vor zehn Jahren zum amtlichen Hit hätte machen müssen. Die ins höchst Loveparade-verdächtige Outfit geworfene Robyn tanzt, aufgenommen in einem einzigen Take, durch eine große, leere Lagerhalle. Ihr Tanz ist nicht perfekt, nicht im Sinne von Detlef Soost, der sich selbst und andere anbrüllt, auf dass sie nach seinem Vorbild ihre Emotionen wegtanzen, sie ins Adrenalin-und Schweiß-Säurebad tauchen, doch perfekt darin, diesen Song auszudrücken. Und weil der bei aller Bittersweetness der Lyrics eben ein Discosong ist, dreht sich Robyn im Kreis, shuffelt und hustelt über den Betonboden, springt hin und her, ballt die Fäuste, wirbelt mit den Armen und malt Zeichen in die Luft, rollt über den Boden und rutscht auf die Knie, und dabei singt sie dem Zuschauer geradewegs, mit ernstem Blick, ins Gesicht. Nur beim Refrain fächern Scheinwerfer ihr buntes Licht auf in dergroßen, verlassenen Halle.
Was Robyn so besonders macht, macht schließlich auch dieses Video fesselnd: Ihre Toughness ist nicht die der anderen mit allen Wassern gewaschenen Popinterpreten, die powern und rotieren, bis ihr personal Soost „Geht doch!“ brüllt und nur dort hyperemotional auf die Knie rutschen, wo der Choreograph fürs nächste Dreineinhalb-Sekunden-Take sein Kreuz hingemacht hat. Robyn scheint ihre wahre Verletzlichkeit herzuzeigen. Und damit ist sie die Stärkste weit und breit.
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