Van Morrison, London, Hammersmith


Sowas – er lacht! Mitten in dem Song „Carrickfergus“ kracht ihm sogar ein Witz heraus. Ich hab ihn schon erlebt, wie er dem Publikum seinen Rücken zeigt, sich mitten im Song von der Bühne stiehlt und das ganze Unternehmen mit göttlicher Verachtung straft, aber lächeln habe ich ihn in den letzten zehn Jahren nicht gesehen. Wenn er jetzt aber in die Menge springen würde, um auf den Stühlen zu tanzen, wäre ich auch nicht überrascht. Es ist eine jener magischen Nächte.

Hinter dieser Magie stecken sechs gestandene Alt-Iren mit Augenringen, Fiedel, Flöte und Blechpfeifen – die unbestrittenen Urväter der Pogues. Man nennt sie die Chieftains, und Van Morrison tourt mit ihnen durch England, seit ihre Zusammenarbeit bei einer erfolgreichen Fernsehshow am irischen St. Patricks-Tag und kurz darauf mit dem ersten gemeinsamen Album (acht alte irische Volksweisen und zwei neue Van Morrison-Klassiker) Irish Heartbeat begann. Und die Chieftains sind wie geschaffen für Van Morrison. Mit ihnen kann er ganz er selbst sein: ein feuchtfröhlicher Kelte statt eines dickbäuchigen Rock-Opas, ein Teil der Band eben. Die Chieftains (besonders Blechpfeifer Paddy Maloney) können eigenständig die Songs vorstellen, wenn der Chef keine Lust zum reden hat. Aber – das ist der Punkt – sie bringen es fertig, ihn gleichzeitig zu beruhigen und anzustacheln, ihm seine Wurzeln zu lassen, aber dabei seine Höhenflüge nicht zu behindern. Kurz bevor der Alte ganz abhebt, bringen sie ihn sachte auf den Boden zurück – Fluglotsen auf Irisch.

Nach einem knapp einstündigen Solo-Set von Morrison folgt etliches aus dem neuen gemeinsamen Album: das irischsentimentale „She Moved Through The Fair“, das saftige „I’ll Tell Me Ma“ – unnachahmlich gespielt und gesungen. Morrisons Stimme ist Spannung. Entspannung, ein Grunzen und Krächzen – wie ein Instrument vollgepreßt mit Gefühl. Es ist feurig, spaßig, sentimental, manchmal schmalzig, kurzum: genial. „Marie’s Wedding“, wild und rauh, würde fast auf einen Pogues-Gig besser passen. Van tanzt, seine Sängerin tanzt, das Publikum tanzt und ist voll zufrieden.