Van Halen
Zuerst hielt ich es für einen Scherz, als ich hörte, daß Van Haien in Europa im Vorprogramm für Bon Jovi auftritt. Die kalifornischen Überrocker der 8oer als Opener für die Poser aus New Jersey? Niemals! Aber es stimmt. Und so traurig es ist, es ist berechtigt. Denn mit der jetzigen Show ziehen Van Haien noch nicht einmal mehr in ihrer Heimatstadt L.A. die Wurst vom Teller, und wer ehrlich ist, muß zugeben, daß selbst Bon Jovi inzwischen bessere Songs als Eddie & Co. schreiben. Was mir das Konzert endgültig verdarb, war nicht einmal die Musik, sondern der Schwengel neben mir, dessen Bizeps nicht nur das Größte, sondern auch das Intelligenteste an ihm waren. Gott sei Dank kam er, wie die meisten Gäste im ausverkauften Forum, erst nach dem soliden Set der Vorgruppe Collective Soul. Aber von da an juchzte und grölte er ungehemmt und verprügelte mit den Fäusten die Luft über seinem Halsverschluß. Peinliche Ansagen von Sammy Hagar, wie die, in der er Feuerwaffen verdammte, und statt dessen zum guten, alten Faustkampf aufrief, wurden von dieser Intellekt-Antipode und seinen zahllosen Gesinnungsgenossen im Auditorium begeistert aufgenommen. Man konnte nur hoffen, daß sich die Bagage vor lauter Euphorie wirklich gegenseitig auf die Fresse hauen würde. Dabei gab es gar keinen Grund zur Freude. Na gut: Sie spielten ‚Panama‘, und ‚Why Can’t This Be Love‘, aber ‚Jump‘, fehlte genauso wie ‚Hot For The Teacher‘. Statt dessen durfte jedes Bandmitglied ein langes Solo vortragen. Höhepunkt: Alex Van Halens Drum-Arie, bei der er das Letzte aus seinen zwei Bassdrums und dem Riesengong rausschlug. Tiefpunkt: eine Nummer von Hagar auf der Akustikgitarre, für die er wegen Körperverletzung angezeigt gehört. Während er irgendwas von ‚Free Like An Eagle‘ summte, flimmerten Aufnahmen von malerischen Wiesen und Hügelketten über die Leinwand. Au Backe! Michael Anthony und Eddie Van Haien bewiesen mit ihren Soli gesundes Mittelmaß, und nach 90 Minuten ist alles klar: Eddie ist schnell und langweilig. Sammy Hagar kann sich zehn BHs und fünf Slips um den Hals schlingen und trotzdem singen. Und zusammen haben sie das Zeug zu einer Klasse-Vorgruppe.