Ufo Live – Ein undefinierbares Soundobjekt


BEI EINEM UFO-KONZERT GIBT ES ZWEI MÖGLICHKEITEN: ENTWEDER MAN VERLÄSST FLUCHT- ARTIG DEN SAAL, ODER MAN LÄSST SICH VÖLLIG UM DEN VERSTAND BRINGEN: KLATSCHT UND STAMPFT MIT DEN FÜSSEN, TANZT ODER DRÄNGT SICH VOR DDE BÜHNE UND SPIELT MIT HUNDERTEN ANGETÖRNTER FANS HEXENKESSEL.

Ufo gehören nach Jahren noch immer zum Mittelfeld der relativ erfolgreichen Hardrocker. Deshalb war der Rahmen der Münchner Olympiahalle auch entschieden zu groß gewählt. Viele Sitzreihen blieben leer. Die Jungs von Ufo legten sich gewaltig ins. Zeug. Sie haben- es eilig, dem Mittelklasse-Status zu entkommen. Optisch haben sie ihr Ziel erreicht; Aufmachung und Show erfüllen ihren Zweck. Nur akustisch sind bei Ufo noch einige Schrauben locker. Die Gruppe attakiert die Ohren der Fans mit dem donnernden Sound eines düsenartigen Fluggeschwaders. Damit macht sie unfreiwillig ihrem Namen alle Ehre. Viele der (auf Platte) recht annehmbaren Stücke vom altbekannten „C’mon Every Body“ bis zu „Reasons Love“ von ihrem jüngsten Album „No Heavy Petting“ werden durch die gewaltige Lautstärke nicht etwa überzeugender, sondern schlicht – unidentifizierbar. Da schüttelt manch einer (wie bei den Geschichten von den mysteriösen unbekannten Flugobjekten) den Kopf und hält sich die Ohren zu.

TOTALE ANMACHE

Musikalisch undefinierbar probt die Band auf der Bühne die totale Anmache. Gitarrist Michael Schenker stakst in schenkelhohen Schnürstiefeln daher, Sänger Phil Mogg kniet an der Rampe, Paul Raymond wechselt von Orgel zu Gitarre, Andy Parker produziert sich am Schlagzeug und Bassist Pete Way schießt umher wie eine Flipperkugel, hält den Baß zwischen den Beinen oder unter dem Arm wie einen Schießprügel.

Bei allen, die es in der Arena aushalten, schlägt Ufo ein wie eine Bombe. Wer achtet noch auf den miserablen Sound, solange es eindringlich genug hämmert, und außerdem läuft eine derart heiße Show ab, daß man gar nicht anders kann, als „Hey Hey Hey“ zu schreien.

Sänger Phil Mogg hat übrigens bleibende Erinnerungen an diverse Show-Exzesse. „Auf der Bühne geht’s hoch her“, meint er, teilt seine Mähne und deutet auf seine Kopfhaut: “ Wißt Ihr, was das hier ist? Das hab‘ ich von Pete’s wilden Kapriolen mit dem Baß: Narben, lauter süße kleine Narben… So etwas kann bei Ufo schon mal vorkommen. Aber auch als Versehen deklariert, sind solche Zwischenfälle nicht nach jedermanns Geschmack.

DER NEUE STAR

Organist Danny Peyronel von den Heavy Metal Kids, der im vergangenen Jahr zur musikalischen Bereicherung als fünfter Mann bei Ufo engagiert worden war, hat inzwischen die Gruppe wieder fluchartig verlassen. Pete lacht jedoch: „Wir haben ihn ‚rausgeworfen….“ „Naja, er paßte eben nicht zu uns“, erklärt Michael Schenker.Anstelle von Danny kam Gitarrist und Keyboardmann Paul Raymond, der aus seiner Zeit bei Savoy Browne genügend Bühnenerfahrung mitgebracht hat. Trotzdem wirkt Paul im Kreise der wilden Ufo-Gang sehr zurückkaltend und wagt sich nur machmal mit der Gitarre aus seiner Keyboardecke heraus.

Im Mittelpunkt steht der blonde Germane und Ex-Scorpions-Gitarrist Michael Schenker. – Und das nicht nur bei den deutschen Fans. „Ich werde nicht etwa verhätschelt, weil ich bei Ufo der neue, junge Gitarrist aus Deutschland bin!“ betont er. „In letzter Zeit sind sehr viele ausländische Musiker nach England gekommen… Japaner, Italiener, Spanier… und wenn es gute Leute sind, werden sie auch anerkannt – wie ich. Deshalb kommt es in der Gruppe auch kaum zu Spannungen, genausowenig wie zwischen meinem Bruder und mir.“ Eine deutsche Jugendzeitschrift hatte die beiden in einem Artikel über Michaels Ufo-Karriere nach der Trennung von Rudolf Schenker und den Scorpions als „die feindlichen Brüder“ bezeichnet. Dazu Michael: „Rivalität gibt es bei uns nur im musikalischen Konkurrenzkampf. Persönlich verstehen wir uns nach wie vor sehr gut!“ Dolf Hartmann