Tribes


Vier haarige Teufel aus Camden erzählen die ewige Geschichte vom Rock'n'Roll neu: Pixies, Kooks und Mystery Jets hören bereits aufmerksam zu.

Gibt man den Namen dieser Band, Tribes, gekoppelt mit dem Titel ihres Debüts, Baby, in der Google-Bilder-Suche ein, erscheinen erst mal nur Bilder von afrikanischen Säuglingen. Selbst wenn man auf die Web-Suche wechselt, bringen die meisten der Ergebnisse nicht das gewünschte Resultat. Von der Band aus Camden ist das auch so gewünscht: „Wir wollen durch Mundpropaganda bekannt werden“, sagt Sänger Johnny Llyod, „diese Online-Eigenpromo ist total überbewertet. Was nützt es dir denn, wenn du tausend Freunde bei MySpace hast? Sind deine Konzerte dann ausverkauft, nur weil tausend Leute irgendwas angeklickt haben?“

Tatsächlich hat es das Quartett mit minimalem Werbeaufwand bislang weit geschafft: ins Vorprogramm der Kooks, der Kaiser Chiefs und sogar der ganz großen Idole der Band, der Pixies. „Der beste Tag unseres Lebens, es war erst unsere sechste Show. Black Francis ließ uns ausrichten, dass sie ihm gut gefallen habe“, sagt Bassist Jim Cratchley. Kein Wunder, ist Baby trotz Einfluss von T.Rex absolut in den 90ern verwurzelt: man hört viel Elliott Smith, Nirvana, aber vor allem die Pixies heraus. Leadsingle „We Were Children“ arbeitet sogar frech mit einem Versatzstück aus dem „Where Is My Mind?“-Riff der Indie-Götter aus Boston. „Wir sind gerne eindeutig“, sagt Lloyd“, „als Jugendliche waren wir in experimentellen Bands, weil wir cool und anders sein wollten. Irgendwann fiel uns auf, dass wir mit dieser Musik aber niemanden berühren.“

Dann entluden sie sich, die großen Refrains, die weiten Harmoniebögen. Mit ihnen kam die Selbstsicherheit, die die Band anlässlich des Videodrehs zu „We Were Children“ einen Guerilla-Gig auf dem Dach eines Camdener Ladenhauses spielen ließ. Natürlich brach die Polizei das Konzert ab und natürlich gab es solche Aktionen schon x-mal. Aber wie es Noel Gallagher auf den Punkt brachte: „Rock’n’Roll ist die beste Geschichte der Welt. Deswegen muss sie immer wieder erzählt werden.“

So ist es zwar schmeichelhaft für Tribes, aber auch Quatsch, wenn die Prog-Indie-Band Mystery Jets sie als „Zukunft des Rock’n’Roll“ preist. „Ihr Sänger Blaine Harrison bat mich, ihm den Text von ‚We Were Children‘ zu geben, weil sie den Song covern wollen“, sagt Lloyd. Da war der Song noch längst nicht veröffentlicht. Die Mystery Jets kannten ihn nur von einem Konzert der Tribes. Die Mundpropaganda-Strategie scheint aufzugehen. „Ganz können wir uns der Gegenwart aber nicht verschließen. Unser Management hat jetzt eine MySpace- und eine Facebook-Seite für uns aufgezogen“, sagt Lloyd, „aber da sollen die sich austoben.“ Tribes haben dafür ja die Bühne.

CD im ME S. 19

* Bis ein Freund der Band, inspiriert von einem Buch über alte Volksstämme, den Bandnamen „Tribes“ vorschlug, hieß die Gruppe zeitweise Jesus The Movie.

* Der Song „Nightdriving (Useless God“) ist Charles Haddon gewidmet. Der Jugendfreund Lloyds und Sänger der britischen Synthpop-Band Ou Est Le Swimming Pool nahm sich 2010 im Backstage-Bereich des belgischen Pukkelpop-Festivals das Leben.

* Ein Auftritt der Band in Leeds endete damit, dass ihnen begeisterte Fans literweise Jägermeister, Cola und Red Bull in die Kragen schütteten.