Top-Themen -Juni 1992
Sommer 1992, das smells Like teen spirit. Selbige Nirvana-Single läuft im Rundfunk noch immer so häufig wie die aktuelLen Verkehrsdurchsagen, und mit“.Come As You Are“ hat Kurt Cobain gerade einen würdigen Nachfolger vom Stapel gelassen. Seattle ohne Ende, oder anders gesagt: Grunge boomt. Pearljam, die eigentlich mehr nach Eighties-Hardrock klingen, gelten als authentisch, ebenso Alice In Chains, denn beide kommen aus Seattle. Musikalisch interessanter, aber von korrekten Grunge-Zirkeln als benasrümpfenswert gebrandmarkt sind dieStoneTemple Pilots. Die stammen nämlich aus San Diego, und das ist von der gelobten Stadt im Nordwesten einfach zu weit entfernt.
Grunge und sonst nichts? Nein, auch ein schwammiges Gebilde namens Crossover ist vor zehn Jahrep furchtbar hip. Deren prominenteste Vertreter sind die Red Hot Chili Peppers, die jedoch mit einer Ballade namens „Under The Bridge“ eincharten, was dem Fan der ersten Stunde ein müdes“.Früher waren sie besser“ entlockt. Früher garantiert nicht besser war Celine Dion.dieim Sommer 1992 mit“.IfYou Asked Me To“ dennoch einen veritablen Hit feiert. Die“.Titanic“ liegt zwar bereits seit glatten 80 Jahren auf dem Grund des Nordatlantiks, doch La Dion ist das damals noch völlig wurscht. Das ist er wohl, der Zahn der Zeit. Noch ein Beispiel gefällig? Robbie Williams, damals im Synchronschritt mit seinen Kollegen von Take That, singt „It Only Takes A Minute“, und dabei soll es noch fast zehn Jahre dauern, bis er merkt, dass Anzüge und Sinatra cooler sind als Zahnspangen und affige Liebestieder. Als erstaunlich zeitresistent erweist sich hingegen die Frisurvpn Richard Marx, der mit dem Song „Hazard“ echtes Rock’n’Roll-Mimikry betreibt. Marx trägt eine „Rudi-VöUer-De-Luxe“-Haartracht, die bereits damals nur noch in Zonenrandgebieten auf der vergilbten Preisliste steht. Aber wenigstens spuckt ihm kein Niederländer in die Tolle.
Ebenfalls ein Relikt einer vergangenen Pop-Epoche – auch wenn manche Menschen „zeitlos“ dazu sagen – ist die plötzliche Begeisterung für alles, was mit Abba zu tun hat. Nun gut, das total witzige Schlager-Revival ist noch nicht erfunden, und an irgendwelchen Evergreens muss sich der Wohlstandsmensch wohl festhalten, Erasure sehen das auch so und toppen mit „Abba-esque die britischen Charts, bis Abbas Plattenfirma die runderneuerten Originale rausrückt. Das Imperium schlägt zurück,“.Gold – Greatest Hits“ nennt sich die Ohrwurmsammtung vom Spätsommer, die in ganz Europa zum Megaseller mutiert. Und weil das so schön ist, folgt ein Jahr darauf „More Abba Gold“. Immer noch besser als der jüngste Trend aus Amiland: Da Grunge so furchtbar subversiv, langhaarig und drogensüchtig ist, lancieren die Yankees als Gegenpol biederen Pop mit Cowboyhut, der erfolgreich als „New Country“ vermarktet wird. Nutznießer sind Billy Ray Cyrus und Garth Brooks, die sich fortan ihre Stetsons vergolden lassen können. Dann doch lieber Abba, notfalls bis in alle Ewigkeit. Amen.