Toni Childs


Geschlagene drei Jahre hat Toni Childs gebraucht, bis ihr erstes Album im Kasten war. Live brauchte die Ausnahme-Künstlerin gottseidank nur drei Minuten – dann hatte sie ein gespanntes Publikum ausnahmslos begeistert auf ihre Seite gezogen.

Gar nicht so einfach bei dieser extrem scheuen, introvertierten Frau, die nichts so sehr haßt wie Öffentlichkeits-Arbeit. Toni Childs lebt für ihre Musik und – wie sich live zeigte – vor allem durch ihre Musik. Die Aura, die diese Frau unsichtbar, aber für jeden Anwesenden spürbar, umgibt, scheint schon fast buddhistisch.

Klarheit strahlt sie aus, eine stille, überzeugende Kraft, Ehrfurcht und gleichzeitig eine faszinierende, fremde Mystik. Diese gleicht bei „Dreamer“ schon beinahe einer religiös anmutenden Kulthandlung, wenn Toni, lediglich vom Schein einer Kerze beleuchtet, in der Bühnenmitte ihre innersten Träume und somit ein Stück ihrer Seelt preisgibt.

Toni steht weit vor der fünfköpfigen Band, die ein solides Fundament für die Stimme der unbestrittenen Chefin zimmert, unauffällig begleitet und dennoch nicht wegzudenken ist. Nur auf Gitarre und Stimme reduziert, kann man sich Toni Childs im Konzert nicht vorstellen. Im Gegensatz zu Singer/Songwriter-Kolleginnen wie Michelle Shocked etwa, Tracy Chapman oder Tanita Tikaram, braucht die Childs die stützende Sicherheit des Bandkörpers im Rücken. Allein die komplexen, spannenden Rhythmen, die Toni monatelang im Herzen von Afrika „studiert“ hat, sind ohne Begleitmusiker gar nicht denkbar.

Der pulsierende, dumpfe Untergrund kreiert von Drummer Sergio Gonzalez, Percussionist Gary Gardner, Basser Todd Smith, Tastenspezialist John Thomas und Gitarrist Jimmy Smyth, trägt eine Stimme voll Kraft und Leidenschaft. Nicht umsonst wird Toni Childs als Sängerin immer wieder gern mit Größen wie Aretha Franklin, Grace Slick oder Mavis Staples verglichen.

Das unaffektierte, bescheidene Auftreten der Childs, ohne jegliche Spur von Stargehabe, erinnert sympathisch an Sting oder Paul Simon. Ihr beinahe vollkommener Mangel an Show-Gestik oder -Mimik belegt letztendlich, daß ihr die Vermittlung von Songinhalten viel wichtiger ist als der Tanz um das goldene Kalb Show-Business. Schade nur, daß diese bildschöne Frau nur so zögernd aus sich herausgeht, sie sucht zwar – so scheint es oft – den losgelösten Groove, den Tanz zu den mitreißenden, afrikanischen, südamerikanischen und karibischen Beats, bleibt aber dann doch wie angenagelt hinter dem Mikro stehen, traut sich nicht, zu explodieren.

Trotzdem gehört die 30jährige Kalifornierin schon jetzt, nach nur einem Album und einer noch laufenden Welt-Tournee, zu den ganz großen Hoffnungen für die Neunziger Jahre. Eine würdige Nachfolgerin für „Altstar“ Joni Mitchell, geprägt durch Sensibilität und eine göttliche Stimme.