To My Boy: „Futuristischer Elektropop“ – im Kern aber vor allem einfach gute Songs


Was für ein grotesker Anblick: Im Blitzgewitter eines weißen Stroboskops bewegen sich zwei britische Studenten mit explodierten Frisuren in zuckenden, steifen Tanzschritten über die Bühne des Berliner Clubs Magnet. Sie schlagen aus wie Pferde, werfen die Köpfe in den Nacken und bearbeiten dabei ihre E-Gitarren wie rasende Roboter. Gelegentlich halten sie inne, um mit geschlossenen Augen eine Strophe zu singen oder Knöpfe an einem MacBook, diversen Samplern und Effektgeräten zu drücken, dann geht der kuriose Veitstanz weiter. Was rein optisch fast Comedy-Charakter besitzt, ist akustisch allerdings bestechend: Aus den Boxen kommt messerscharfer Synthie- und Elektropop mit eindringlichen Vocals, fanatischen Beats, überraschenden Strukturen und herausragend cleveren Arrangements. Wie können zwei so überdrehte Menschen live derart vollkommene Klänge erschaffen? „Am Anfang war das ein Experiment“, sagt Jack Snape. „Aber nach ein paar Cigs haben wir festgestellt, dass es funktioniert. Wir legen viel Wert auf die Songs – die müssen schlüssig sein. Wir mögen keine ‚guten Musiker‘, die zehn Minuten improvisieren. Und genau in dieser Situation – mit uns, einer fetten Box und einem Raum voller Leute – sind wir entdeckt worden. Die Plattenfirma hat uns auf einer Privatparty besucht.“ Das von James Ford (Arctic Monkeys, Simian Mobile Disco) und Luke Smith (Shitdisco) produzierte Debüt Messages, das das Label Abeano mit dem renommierten Indie XL veröffentlicht, wird allerdings in den Augen der Band oft miss verstanden. „Uns nervt, dass viele Kritiker schreiben, dass wir nach den 80ies klingen „, sagt White. „Wir sind nicht von den 80ies inspiriert, höchstens von Sachen, die auch 80ies-Bands beeinflusst haben: Futurismus, Jean-Luc Godard… Die Musik der 80er war aber oft kalt und maschinell. Wir schreiben lieber Songs, die auch romantisch, warm und optimistisch sind, ehrlich.“

To My Boy – Messages (XL/Beggars Group)