Tina Turner: Break-Every-Rule-Tour


München, Olympiahalle.

Es gibt Konzerte, die man erlebt haben sollte. Zum Beispiel das von Tina Turner auf der Talsohle ihrer Karriere 1979. Oder auch das Comeback-Konzert von 1985. Dann versteht man, weshalb die „Break-Every-Rule“-Tour dieses Jahres uns Konzerte beschert, die man nicht unbedingt erlebt haben muß.

Sicher: Die Hallen sind voll – vorwiegend mit durchwachsenen Post-Teenagern, die sich an PRIVATE DANCER und BREAK EVERY RULE sattgehört haben. Sicher: Perfektion soll sein. Schließlich kostet die Eintrittskarte Geld. Sicher: Diese Frau, die das sensationellste Comeback in der Rock-Ära fertiggebracht hat. darf auch ihre musikalische Vergangenheit getrost vernachlässigen: Sie darf nicht als Tina Turner verlorengehen.

Doch dazu führt die inszenierte Show-Maschinerie mit Video- und Live-Projektion unweigerlich. Und Tina Turner läuft dazu mechanisch die Buhne auf und ab. singt beinahe sparsam und zugeknöpft.

Das war mal anders. Da hat sie angegriffen und sich ans Publikum verschenkt. „Heule wird nicht verausgabt, sondern vereinnahmt“, sagte ein Kollege treffend.

Das wichtigste musikalische Element, nennen wir es Vibration, erzeugen Tina Turner und ihre neun Musiker (darunter John Miles am Piano und Laurie Wisefield an der Gitarre) allein dadurch, daß sie gute Musiker sind. Die spielen alles auf den Punkt. Wie vom Band. Aber diese ausgetüftelte Studio-Ästhetik führt ins Nichts. Das geht bestenfalls als Musik für

Musiker durch („Some People“ hat fünf Tonarten) oder als Musik für Erwachsene (das sind die. die sittsam mit dem Fuß wippen).

Nur bei einer Nummer entsteht Reihung und ein kleines Feuer: „It’s Only Love“ – das Duo mit John Miles anstelle von Bryan Adams. Das ist tatsächlich live was wert. Ansonsten gab es nur noch einen bemerkenswerten Saxophonisten. Der hatte zum Glück den höchsten Platz auf der Bühne.