„Großkatzen und ihre Raubtiere“: Hat Carole Baskin ihren Ehemann Don Lewis ermordet?
Nach Erscheinen der Netflix-Doku „Großkatzen und ihre Raubtiere“, die alle Welt nur „Tiger King“ nennt, stellen sich viele Zuschauer*innen vor allem eine Frage: Ist Joe Exotics Nemesis Carole Baskin tatsächlich für den Tod ihres Mannes verantwortlich?
Nur wenige Wochen ist es her, dass Netflix uns mit „Großkatzen und ihre Raubtiere“ die unglaubliche Welt US-amerikanischer Wildtierparks näher brachte und so zumindest für kurze Zeit von unserer Coronavirus-bedingten Selbstisolation ablenkte. In Mittelpunkt der Doku-Serie stehen der selbsternannte „Tiger King“ Joe Exotic sowie dessen Erzfeindin Carole Baskin, auf die Exotic einen Auftragskiller gehetzt haben soll.
Neben der Schuld des Vokuhila-tragenden Wildpark-Besitzers gibt es jedoch eine weitere Frage, die die Zuschauer*innen seit Erscheinen der Netflix-Produktion umtreibt: Hat Carole Baskin ihren zweiten Ehemann Don Lewis ermordet? Das behauptet zumindest der inzwischen inhaftierte Exotic, und auch Lewis‘ Familie scheint von der Schuld der exzentrischen Katzenliebhaberin überzeugt zu sein.
Damit Ihr bei Euren Ermittlungen im heimischen Wohnzimmer nicht den Überblick verliert, haben wir die Ereignisse um das Verschwinden von Baskins Millionärs-Gatten in einer genauen Timeline zusammengefasst. Ein endgültiges Urteil bleibt danach jedoch nach wie vor Euch selbst überlassen.
1981-1992
Don Lewis gabelt Carole Murdock auf der Nebraska Avenue in Tampa, Florida auf, nachdem diese eigenen Angaben zufolge vor ihrem gewalttätigen ersten Ehemann geflohen ist. Der wohlhabende, zu diesem Zeitpunkt ebenfalls verheiratete Immobilienmakler/Gebrauchtwagenhändler und die um einiges jüngere Carole beginnen eine Affäre, lassen sich aber schließlich nach einigen Jahren beide von ihren ursprünglichen Ehepartnern scheiden. 1991 geben Don und Carole einander das Ja-Wort und gründen bereits ein Jahr später das Wildkatzen-Reservat „Wildlife on Easy Street“ (heute „Big Cat Rescue“), das sich bis heute in Caroles Besitz befindet.
Juni 1997
Don reicht eine einstweilige Verfügung gegen Carole ein, da diese angeblich damit gedroht haben soll, ihn umzubringen und außerdem im Besitz zweier Schusswaffen sei. Der Antrag wird jedoch abgelehnt.
Carole hat Dons damaliges Gesuch auf ihrer Website inzwischen wie folgt erklärt:
„Don hat damals eine Woche pro Monat in Costa Rica verbracht. Don war ein Mann, der jeden Tag Sex brauchte. Er reiste immer genau während der Woche nach Costa Rica, in der ich meine Periode hatte. Ich akzeptierte diesen Umstand als etwas, mit dem ich leben musste. Wann immer er weg war, vertrieb ich mir die Zeit damit, so viel Schrott wie möglich von unserem Grundstück zu entsorgen. Wendell erzählte Don von meinen Aktivitäten und Don rief die Polizei an, um mich davon abzuhalten. Die Beamten sagten ihm, dass er dafür eine einstweilige Verfügung brauche. Ich bin mir nicht sicher, ob es Dons oder Wendells Idee war, zu behaupten, ich hätte ihn bedroht, aber am 20. Juni 1997 reichte er eine einstweilige Verfügung ein und sie wurde abgelehnt.“
Sowohl Carole als auch Dons Freunde und Verwandten bestätigen, dass Don mehrfach davon geredet habe, sich von Carole scheiden lassen zu wollen. Allerdings behauptet diese, die Drohungen ihres Mannes nie ernst genommen zu haben.
18. August 1997
Nur zwei Monate nachdem sein Antrag abgelehnt wurde, ist Don wie vom Erdboden verschwunden. An dem Tag seines Verschwindens sollte er sich Berichten zufolge mit seinem Anwalt treffen, um in dessen Büro einige Makler-Schilder abzugeben. Die Reklametafeln wurden zwar tatsächlich noch vor Öffnen des Büros abgeliefert, Don wurde jedoch nie wieder gesehen.
19. August 1997
Carole gibt eine Vermisstenanzeige auf, nachdem ihr Mann nicht nach Hause zurückgekehrt ist. Kurz darauf wird Dons 1989 Dodge Van verlassen an dem privaten Pilot Country Airport in Florida vorgefunden. Die Autoschlüssel befinden sich im Fußraum des Wagens. Don weiß zwar, wie man ein Flugzeug fliegt, und ist sogar im Besitz einiger Maschinen, allerdings ist sein Pilotenschein zur Zeit seines Verschwindens ungültig, da er kurz zuvor in drei Flugunfälle verwickelt war.
23. August 1997
Carole wird dazu aufgefordert, sich einem Lügendetektor-Test zu unterziehen, lehnt die Aufforderung im Gegensatz zu Dons anderen Familienmitgliedern jedoch ab. In einem Interview mit der „Tampa Bay Times“ erklärt sie im Nachhinein, dass sie durchaus gerne mit den Ermittlern kooperieren würde und persönlich auch nichts gegen eine Durchsuchung des „Big Cat Rescue“-Geländes einzuwenden habe, ihr Anwalt ihr jedoch davon abgeraten habe.
7. Dezember 1998
Dons Kinder treten mit ihrer Vermutung, dass Carole etwas mit dem Verschwinden ihres Vaters zu tun habe, an die Öffentlichkeit. In einem Interview mit dem Entertainment-Magazin „People“ äußern sie die Theorie, Carole habe Don erst ermordet, dann durch ihren Fleischwolf gejagt und schließlich an ihre Wildkatzen verfüttert. „Es ist die perfekte Möglichkeit, einen Körper zu entsorgen“, erklärte Dons Tochter Donna Pettis, „wir waren sehr aufgebracht darüber, dass der Fleischwolf auf ihrem Gelände nicht auf DNA-Spuren untersucht wurde.“
Carole behauptet indes, ihre Tiger fräßen zwar Fleisch, aber keine Menschen. „Wenn dem so wäre, müsste es irgendwo Knochen und andere Teile meines Mannes zu finden geben“, erklärt sie in der Dokumentation, „ich bin erstaunt darüber, dass irgendjemand solch eine Theorie überhaupt in Erwägung ziehen könnte.“
2002
Fünf Jahre nach seinem Verschwinden wird Don offiziell für tot erklärt. Durch die Bestätigung seines Todes erhält Carole als dessen offizielle Nachlassverwalterin Zugriff auf Dons Testament. Wie legitim ihr Recht darauf ist, bleibt jedoch umstritten. Eine Theorie lautet, dass Carole besagtes Nachlass-Dokument kurz vor Dons Verschwinden zu ihren eigenen Gunsten bearbeitet habe. Demnach sei sie nicht nur nachträglich als Vollstreckerin hinzugefügt worden: Auch der Teil, der Carole „im Falle des Todes“ ihres Mannes die Vollmacht über seinen letzten Willen überträgt, soll um die Worte „im Falle seines Verschwindens“ erweitert worden sein.
https://twitter.com/robertmoor_/status/1244891848788676608
Robert Moore, Host des „Joe Exotic: Tiger King“-Podcasts, behauptet außerdem, dass Dons Unterschrift auf dem Dokument der einstweiligen Verfügung nicht mit seiner Unterschrift auf der kurz vor seinem Tod geänderten Handlungsvollmacht übereinstimme. Ob Carole Dons Unterschrift tatsächlich gefälscht hat, um an seine Güter zu gelangen, bleibt bisher jedoch reine Spekulation.
2011
Der „New York Times“ zufolge fordert die Polizei Carole ein weiteres Mal zur Teilnahme an einem Lügendetektor-Test auf. Sie lehnt erneut ab.
24. März 2020
Nach Erscheinen der Netflix-Dokumentation tritt Caroles ehemaliger Lebensgefährte Jay Bakyal, mit dem sie nach Dons Verschwinden für eine Weile das Bett teilte, mit einer interessanten Information an die Öffentlichkeit: Auch er will vor Jahren eine einstweilige Verfügung gegen die „Big Cat Rescue“-Besitzerin eingereicht haben, weil er angeblich um sein Leben fürchtete. Doch damit nicht genug: Auf seine Frage, was passieren würde, sollte Don eines Tages überraschend wieder auftauchen, soll Baskin geantwortet haben: „Tote Körper können nicht reden.“
https://twitter.com/robertmoor_/status/1242544553648746496
31. März 2020
Nach der Veröffentlichung von „Großkatzen und ihre Raubtiere“ richtet sich Carole auf ihrer Website erneut an die Öffentlichkeit und drückt ihre Unzufriedenheit über die Darstellung ihrer Person und des Verschwindens ihres Ex-Mannes aus. Dort behauptet sie:
„[Tiger King] besteht unter anderem aus einem Abschnitt, der sich den Lügen und Anspielungen von Menschen widmet, die alles andere als glaubwürdig sind. Diese behaupten, ich sei für das Verschwinden meines Mannes Don vor 21 Jahren verantwortlich. Die Serie präsentiert diese Anschuldigung ohne Rücksichtnahme auf die Wahrheit sowie in vielen Fällen ohne mir im Vorfeld die Möglichkeit zur direkten Stellungnahme zu diesen absurden Vorwürfen gegeben zu haben. Die Wahrheit war ihnen egal. Die widerwärtigen Lügen ziehen einfach ein breiteres Publikum an.“
1. April 2020
Sheriff Chad Chronister vom Hillsborough County in Florida erzählt der „New York Times“, dass Dons Verschwinden nach wie vor als Vermisstenfall gekennzeichnet sei und „nicht ein einziger Beweis“ dafür vorliege, das Don ermordet wurde. Nichts desto trotz sollen kürzlich eingegangene Hinweise dafür gesorgt haben, dass er noch immer der Möglichkeit eines Tötungsdeliktes nachgehe.
https://twitter.com/ChadChronister/status/1244610792001015809?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E1244610792001015809&ref_url=https%3A%2F%2Fwww.cosmopolitan.com%2Fentertainment%2Ftv%2Fa32034515%2Ftiger-king-carole-baskin-don-lewis-disappearance-timeline%2F
Wenngleich die Beweislage sich schwierig gestaltet, ist Chronister dennoch davon überzeugt, dass der Multimillionär, dessen Vermögen sich auf rund 7 Millionen US-Dollar belaufen soll, ermordet wurde. „Aber wer es war oder wie er es angestellt hat, das ist noch immer die große Frage“, so Chronister. Dass jedoch jemand einfach von heute auf morgen verschwinde und sowohl seine Kinder als auch sein gesamtes Vermögen zurücklasse, erscheine ihm mehr als unwahrscheinlich.
Caroles Vermutungen
Carole verteidigt indes weiterhin ihre Unschuld und ist sich sicher, dass Don einfach mit einer seiner Freundinnen nach Costa Rica ausgewandert ist. Immerhin besitzt er dort 80 Hektar Land und zahlreiche Wohnhäuser. Dem in Dons Verschwinden ermittelnden Hillsborough Sheriff Sgt. John Marsicano zufolge soll sich der Vermisste außerdem einen Tag vor seinem Verschwinden ein Flugticket nach Costa Rica gekauft sowie einen LKW in Richtung Miami beladen haben. Des Weiteren habe Don 1997 damit begonnen, seine Immobilien in Florida auf die von ihm geführte Wito Corporation in Costa Rica zu überschreiben. Ganze fünf Tage hätten sich Marsicano und seine Kollegen dort mit Bekannten und Freunden von Don unterhalten, jedoch kein Anzeichen dafür gefunden, dass er sich tatsächlich in Costa Rica aufhalte.
Weiterhin erklärte Carole, dass Don sich in der Zeit vor seinem Verschwinden vermehrt seltsam verhalten habe. So habe er angefangen, Mülltonnen zu durchwühlen und alte Fahrzeuge sowie Schrott auf dem Gelände anzuhäufen. Auch sein Kurzzeitgedächtnis und Orientierungssinn hätten sich stetig verschlechtert, sodass sie schließlich befürchtet habe, Don zeige eventuell erste Anzeichen einer Alzheimer-Erkrankung – eine Behauptung, die von seinen Verwandten und Geschäftspartnern vehement bestritten wird.
„Großkatzen und ihre Raubtiere“ (Originaltitel: „Tiger King: Murder, Mayhem and Madness“), 7 Folgen, seit 20. März auf Netflix im Stream verfügbar. Bonusfolge 8 ist nun ebenfalls in Deutschland erschienen.