Ticket-Computer: Digitalis


Nach MIDI-Gitarren, Sex-Machines und Disketten-Musik fällt eine weitere Musik-Bastion der Digitalitis zum Opfer. Bald auch in Deutschland: Konzert-Tickets aus dem Computer.

Von den Segnungen der elektronischen Datenverarbeitung weitgehend unbeleckt, lief in Deutschland der Handel mit Konzert-Tickets bislang nach klassischem Krämer-Muster: Waren die Karten für ein Konzert in der einen Vorverkaufsstelle vergriffen, mußte der Live-Fan die anderen Läden nach Rest-Tickets abklappern, oft ohne Erfolg. In Australien, Japan, England und den USA haben Konzert-Veranstalter und Vorverkaufsstellen diese lästige Lauferei längst abgeschafft. Dort wird der Ticket-Verkauf über Zentral-Computer abgewickelt, an dem alle Verkaufsstellen angeschlossen sind. Dieser Computer speichert – ähnlich wie die zentrale EDV-Anlage der deutschen Reise-Veranstalter – alle noch nicht verkauften Tickets bundesweit. Vorteil für den Käufer: Zugriff auf wirklich alle Rest-Karten sämtlicher Konzerte – also auch in anderen Städten – gestaffelt nach Plätzen und Preisen.

Im Moment ist das hierzulande allerdings noch Zukunftsmusik. An das EDV-System, das von der in München ansässigen Firma CTS propagiert wird, sind bislang nur einige staatliche Theater und Hallen angeschlossen. Das könnte nun auch noch eine ganze Weile so bleiben, denn etliche Vorverkaufsstellen scheuen die ziemlich hohen Anschaffungs-Kosten für den Computer samt Software, und eine Reihe von Veranstaltern fürchtet wegen der Verflechtung von CTS mit dem Konzert-Giganten MAMA Concerts/Lippmann & Rau eine Monopolisierung des Vorverkaufs-Geschäftes.

Für Memorabila-Sammler bringt die Verzögerung der Computerisierung jedoch einen Vorteil: Der CTS-Rechner bedruckt vor Ort ein angeblich fälschungssicheres Norm-Ticket, das in seiner bürokratischen Optik stark an den neuen Personalausweis erinnert.

Die Tage der farbenfrohen Tickets sind also gezählt, doch für Karten-Sammler gibt es noch eine kleine Gnadenfrist.