The Velvet Underground: The V.U. & Nico


Als Pop-Art-Papst Andy Warhol der Gruppe Velvet Underground Mitte 1966 vorschlug, das deutschstämmige Fotomodell und Starlet Nico als Vokalistin in ihre Reihen aufzunehmen, stieß er damit zunächst nicht auf besonders viel Gegenliebe. Was Wunder: Christa Päffgen (a.k.a. Nico) war bis dahin auch nicht gerade mit gesanglichen Leistungen aufgefallen. Als Muse hatte sich die gebürtige Kölnerin in Warhols Multi-Media-„Factory“‚ (also in dessen Kunstwerkstatt und Arbeitsloft) zwar einige Verdienste erworben, von einem Stimmwunder jedoch war weit und breit nichts zu verspüren. Dennoch, nach einigen Überredungsversuchen, willigten Lou Reed & Co. letztlich ein und machten sich daran, die deutsche Diseuse mit der tiefen Sprechstimme in ihr Song-Programm zu integrieren. Und was kaum jemand vorher für möglich gehalten hatte: Nicos hingesäuselter Anti-Singsang paßte hervorragend zum Underground-Rock der Velvets. Titeln wie „Femme Fatale“ oder auch „All Tomorrow’s Parties“ verlieh sie mit ihrem Alt-Geraune eine sinistre Schönheit. Leider war ihre Zusammenarbeit mit Lou Reed. John Cale, Maureen Tucker sowie Sterling Morrison nur von kurzer Dauer: Als im Frühjahr 1967dergemeinsame Longplayer (der mit Andy Warhols phallischer Cover-Idee einer abziehbaren Bananenschale) endlich herauskam, war Nico längst wieder ausgestiegen. Doch die friedlich gestimmten Blumenkinder der Sixties konnten mit dem aggressiven Rock-Sound dieses Albums ohnehin nicht allzuviel anfangen. Die Flower-Power-Jugend empfand die bis an die Schmerzschwelle herangehenden Rückkopplungsklänge von Stücken wie „Heroin“ und „I’m Waiting For The Man“ als böswillige Attacke auf ihre Peace-Mentalität. Heutzutage ist die rockhistorische Wegweiser-Funktion dieser Schokker-Scheibe allerdings unbestritten: Velvet Underground genießen den Kultstatus weitsichtiger Vorreiter, deren stilprägender Einfluß bis in die Schrägtöner-Szenen der 90er hinein nachwirkt.