The Strokes: Berlin, Columbiahalle


Gehypet, verdammt - und trotzdem super. War ja eigentlich irgendwie klar, oder?

Ist sie etwa „typisch deutsch“, diese merkwürdige Hypersensibilität und Verspanntheit, mit der hierzulande dem „Phänomen“ The Strokes begegnet wird? Die vor lauter „Haltet den Hype!“-Geschrei gar nicht zum Hinhören kommt, die vom piefigen Ruf nach Maßhalten, Distanz, Abwarten kündet, vom beleidigten Einfordern von rechtschaffener Arbeit, Substanz und Leistungsnachweis – „Die Typen sollen erst mal ein überzeugendes zweites Album machen!“ In diesen Zeiten des täglichen Hinten-und-vorne-Vollgestopftwerdens mit immer neuen Kultwahnsinnsdingern ist gesunde Skepsis natürlich angezeigt und begreiflich – aber schade ist es, wenn sie die Fähigkeit zur Begeisterung vernagelt. Und die Strokes sind nunmal wahrhaft begeisterungswürdig – das kann man ja beinahe objektiv vorrechnen, dass das eine gute Band sein muss: Sie sind jung. Sie sehen gut aus. Sie haben Aura. Sie mögen die gleiche Musik wie wir. Sie haben Ohrwürmer. Sie kommen auf den Punkt. Da kann nicht viel schief gehen – und das tut es nicht, auch nicht heute Abend in der ausverkauften Columbiahalle. Sicher, die Ticketpreise von 25 Euro sind ein Ärgernis, weil klar ist, dass die Sache wohl gut unter einer Stunde laufen wird und man sich somit bei einem Minutenpreis wie bei den Rolling Stones bewegt.

Eklig. Aber Aufrechnerei hin oder her hört euch nur mal diese Band an! Im Halblicht schlurfen sie auf die Bühne und puckern los mit dem neuen Song „Meet Me In The Bathroom“. Wie ein Uhrwerk ticken sie, perfekt eingespielt, als wären ihre Motoriken Borg-mäßig miteinander vernetzt. Jedes Break, jeder Einsatz ist absolut präzise, jede minimalistische Gitarrenfigur, die Nick Valensi in die transparent strukturierten Riffs von Albert Hammond Jr. webt, ist effektiv und klar und passgenau, alles greift ineinander und fügt sich zu einem konzentrierten Ganzen von maximaler Dichte und Durchschlagskraft. Keine Sekunde jault eine Gitarre unkontrolliert durch die Gegend, hier ist Konzentration keine Streumunition, sondern – man verzeihe das martialische Bild – Stahlmantelpräzisionsgeschoss. Wamm!

Die Bühnenshow? Was wird denn erwartet? Mitsingspielchen? Klar, es würde helfen, wenn Julian Casablancas nicht ganz so betrunken wäre (er ist nämlich leider kein so amüsanter Betrunkener wie etwa Ryan Adams) und zwei, drei charmantere Sachen sagen würde als brummelig nachzufragen, ob wir „fuckers“ denn eine „good time“ verbrächten. Aber so ist das nunmal auch. „Take it or leave it“, die Strokes singen es selbst in ihrem tollsten Song, mit dem sie in einem Genickbruch-Crescendo nach 50 Minuten Schluss machen. Was soll man sagen? Sie haben keine Zugabe gespielt. Die faulen Säcke, die arroganten Bürschchen etc. etc.