The Strokes beim Southside-Festival in Neuhausen ob Eck


The Strokes geben sich bei ihrem ersten Deutschlandkonzert seit fast auf den Tag genau vier Jahren zunächst gewohnt unterkühlt, doch dann ungewohnt redselig.

Vielen, vielen, vielen Dank! I fucking love the shit out of you! Gott segne euch, Gott segne Deutschland!“ Den übermütigen und leicht pathetischen Worten nach zu urteilen, mit denen sich Julian Casablancas vom Southside-Publikum verabschiedet, ist die Rückkehr der Strokes (zuletzt spielten sie am 27. Juni 2006 in Deutschland) ein triumphaler Erfolg. Die übermütigen und leicht pathetischen Worten, mit denen sich Julian Casablancas vom Southside-Publikum verabschiedet, belegen aber auch, dass der Sänger des New Yorker Quintetts seine Schüchternheit abgeschüttelt hat. Kein Vergleich zu früheren wortkargen Auftritten, bei denen es weder Zugaben noch Ansagen gab. Auch während des Sets lässt er sich immer wieder zu albernen Witzeleien hinreißen: Fragt den im Schwarzlicht stehenden Basser Nikolai Fraiture, ob der ein Engel sei; verarscht die harten Jungs im Moshpit vor der Bühne („Das waren noch Zeiten, als die Menschen moshten. Aber ihr habt nie aufgehört!“) und nimmt sich selbst auf die Schippe („Ihr seid so cool, besonders du, du attraktiver Teufel! Gebt dem Mann einen Backstage-Pass! Ja genau, ich bin nur hier, um Typen aufzureißen.“).

So wie Casablancas kommen auch seine Bandkollegen rüber: Die Strokes wirken gelöst, entspannt und haben – bitte verzeihen Sie diesen unterirdischen Reim – Bock auf Rock. Dabei fängt der Gig so an, wie man sich eine typische Strokes-Show vorstellt: mit viertelstündiger Verspätung, da die Techniker und Roadies gewissenhaft gewuselt und alles akribisch für das Comeback der „Retter des Gitarrenrocks“™ bereitet haben. Diese marschieren dann augenzwinkernd zu „We Will Rock You“-Drums ein (auch mal ’ne Ansage!) und üben sich zunächst im konzentrierten Bearbeiten ihrer Klangwerkzeuge und im obligatorisch lässigen Posing am Mikro. Große Gesten bleiben aus, die Show überlassen die nach zahlreichen Nebenprojekten wieder vereinten Musiker Lichtanlage und LED-Wand. Live leben die Strokes von ihrer Aura der Coolness und – klar – ihren in Hülle und Fülle vorhandenen Hits. So hat das Konzerterlebnis auch etwas von einem Besuch in der Indie-Disse: „Oh la la, das ist doch [setzen Sie hier den Titel eines beliebigen Tanzflurfüllers à la „Someday“, „12:51“, „Last Nite“ oder „Juicebox“ ein

Seit anderthalb Jahren werkelt die Band angeblich an ihrem vierten Studioalbum. Neue Songs müssten also zuhauf vorhanden sein. Doch bleibt dies eine Vermutung. Die Strokes spielen ein reines Best-of-Set, leben in der Vergangenheit. Böse Zungen mögen behaupten, die Strokes hätten nie wann anders gelebt. Böse Zungen müssen aber auch neidlos zugeben, dass den Strokes an diesem Abend eins in jedem Fall gelungen ist: Der Bock auf Rock ist wiederhergestellt.

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