The Sisters Of Mercy


VOR FAST ZWEI DEKADEN ENTSCHIED SICH ANDREW aus Leeds, nur noch in schwarzer Garderobe auf die Straße zu gehen, die Sonnenbrille höchstens zum Duschen abzusetzen und Oden über die Aussichtslosigkeit des Seins zu verfassen. Diese Vision des Herrn Eldritch sollte für ein ganzes Jahrzehnt ausreichen – und dann für noch eins. Die wenig motivierende Aussicht, sich fürderhin mit taktlosen Schlagzeugern herumschlagen zu müssen, veranlaßte Andrew zudem, einen Drumcompuer namens „Dr. Avalanche“ zum über die Jahre einzigen verläßlichen Bandmitglied zu ernennen. Bis in alle Ewigkeit wurde dieser darauf programmiert, monotonen, harten Schrittes durch hallende Hallen zu marschieren. Eine ebenso zielgerichtete Nebelmaschine, punktuell abgefeuerte Stromgitarrensalven und eine knausrige Tonträgerveröffentlichungspolitik waren weitere Zutaten des Erfolgsrezeptes, nach dem sich Andrew seine eigene Kultkapelle buk.

Während Dutzende gruftiger Epigonen auf den ausgelatschten Pfaden der Sisters noch einer weitaus weniger erbaulichen Songwriterkunst frönten, vergoldete der Ur-Fürst der Dunkelheit seine feiste Gothic-Rock-Vision mit Hilfe des Bombast-Papstes Jim Steinman („This Corrosion“) und durch kompromißbereiten Einsatz metallisch tönender Sechssaiter („Vision Thing“). Sich rar machen, Songideen rar halten, und alle drei, vier Refrains lang ein bißchen Gloria – so gedeiht schließlich ein unverwüstlicher Fanblock, der auch acht Jahre nach dem letzten „vollwertigen“ Album und ohne, daß großer Promotion-Aufwand vonnöten wäre, ganze Stadthallen füllt. Daß Andrew das alte Theater immer wieder umjubelt aufführen darf, spricht für Geschäftssinn und Faulheit des bekennenden Kneipenhockers. Wer jede Tour und jedes Album zum gefeierten Revival seiner Unternehmung gelingen läßt, muß wohl zu den ganz Großen des Popbiz gezählt werden. Wer jetzt jedoch immer noch nicht einsieht, warum es von der jüngsten Live-Wiederkehr der Sisters Of Mercy rein gar nichts Neues zu erzählen gibt, hat eben das Prinzip nicht verstanden.