The Singles


Wir feiern die Rückkehr von James Blake zum R&S-Label. „Love What Happened Here“ (R&S/Alive) wartet mit allerlei abstrakten Absonderlichkeiten auf. Da wäre zum Beispiel der jazzy Synth-Vibe im Titeltrack, die minimal-technoide Anmutung von „At Birth“, inklusive straighter, subsonischer Bassline und die Kakofonie von „Curbside“ mit saxofonähnlichem Getröte. In allen drei Tracks macht Blake beizeiten die Hallräume auf und legt seine fragmentierte Stimme darüber.

Dubstep-Veteran Coki (Digital Mystikz) geht auf der Doppel-12-Inch „Don’t Get It Twisted“ (DMZ) – den Erweiterungs- und -Kommerzialisierungs-Tendenzen des Genres zum Trotz – den Weg der absoluten Reinheit. Hier geht’s um ultratiefe Basslines, die die Wände erzittern lassen plus Effekte aus dem Gruselkabinett der Echokammer. Bemerkenswert ist „Celestial Dub“, weil: mehr Dub als Step, freilich ohne die dunkelschwarze Anmutung zu verlieren. Skrillex my ass.

„Deluge / Duel“ (50 Weapons) ist der Einstand von Marcel Dettmann auf dem Modeselektor-Label 50 Weapons. Wir wähnen eine leichte Veränderung in der Musik des Berghain-Resident-DJ zu erkennen. „Deluge“ auf der A-Seite ist ein astreiner Acid-Track, während „Duel“ eher der Techno-Funktionalität geschuldet ist – mit einem bemerkenswerten Beat, der seine Dynamik aus der Dynamiklosigkeit zieht. Beide Tracks klingen gehetzt, beide auf Tanzbodentauglichkeit ausgerichtet.

Tim Deluxe ist bisher eher durch gnadenlos ballernde Dancefloor-Versionen von (Indie-)Rock-Klassikern bekannt. Jetzt hat der Produzent aus North London sein eigenes Label gegründet, das „musikalischen Kompositionen“ vorbehalten sein soll und nicht „Loop-basierten Wegwerf-Tracks“. „Transformation“ (Get Human) zeigt: der Mann hat recht. Der Titeltrack ist eine über 12-minütige Fantasie über Piano-House mit reichlich Effekthascherei und Dancefloor-Craze. „Horizon“ setzt sich mit dem poppigen Gesang von Ben Onono mit den (Natur-)Katastrophen in Japan von 2011 auseinander. Das krasse Gegenteil: „Lucid Dreams“, eine Art Ambient, der von einem fetten Beat unterlegt wird.

Das Casablanca-Label aus L.A. war Ende der 70er zeitweise synonym für die Disco-Musik. Zum 35. Jubiläum gibt es „The Casablanca Reworks Project“ (Gomma/Groove Attack) durch die Gomma All Stars Feat. Peaches. Das Konzept: Künstler des Münchener Labels, quasi das Casablanca Süddeutschlands (Moullinex, Telonius, Munk, The Phenomenal Handclap Band), covern Künstler des Originals (Michael Sembello, Donna Summer, Stephanie Mills, Skatt Bros.) Teilweise ist das nahe am Original, etwa die Moullinex-Version des Gassenhauers „Maniac“ (aus „Flashdance“). Erstaunlich: die Stimme von Peaches, die auf allen vier Tracks zu hören ist.

Der Sieger des inoffiziellen Wettbewerbs „Wer hat diesen Monat die beste Kurze gemacht?“ entspringt der Wien-Berlin-Connection. Mit der 12Inch „Xenomorph / Vespertilio“ (Macro/Word And Sound) kehrt Peter Kruder nach „Law Of Return“ wieder zum Macro-Label zurück. „Xenomorph“ auf der A-Seite kommt psychedelisch-verwunschen daher und kann als Verweigerung aktuell abgefeierter Clubmusiken verstanden werden. Die Sounds erinnern an Laraajis Zitherklänge auf Brian Enos Album Ambient 3: Day Of Radiance. „Vespertilio“ auf der B-Seite lebt von einem dubbigen Hall und setzt auf Repetition und sanfte Phasenverschiebungen. Ganz großartig.

Dass die beiden Depeche-Mode-Gründungsmitglieder Vince Clarke und Martin Gore nach 30 Jahren wieder zusammen Musik machen würden, hätte wahrscheinlich kaum jemand für möglich gehalten. Dass das Resultat dieser Zusammenarbeit, das Clarke und Gore unter dem Logo VCMG veröffentlichen, lupenreiner Minimal Techno sein würde, war unter Berücksichtigung des Musikgeschmacks der beiden schon eher denkbar. „EP1 – Spock“ (Mute/Good To Go) ist die erste einer Reihe von EPs, denen Ende Februar ein ganzes Album folgen soll. „Spock“ ist ein knochentrockener Techno-Track, der trotz seiner tropfsteinhöhligen Anmutung einen federnden Groove entfacht und ein paar fiese aber auch Kompakt-e Elemente einbaut. Die vier Remixe – u.a. von Regis (Sandwell District) und XOQ (aka Überzone) – bleiben auf minimaltechnoider Linie.

Zur Abwechslung mal eine 7Inch von den ins Kompakt-Land ausgewanderten Dänen WhoMadeWho. „Inside World“ (Kompakt) bietet „hitverdächtigen“ Elektro-Pop auf gewohnt hohem WhoMadeWho-Niveau, diesmal aber vielleicht eine Spur Hot-Chip-piger als sonst. Auf der B-Seite der Single: die Lagerfeuerversion von „Inside World“ mit dem Gesang von Singer/Songwriter John Grant.