The Singles


Wir freuen uns über das neue Vinyl-Only-Label Destination Pop aus Berlin, dessen Chef gerade den allerersten Release persönlich vorbeigebracht hat. Es handelt sich um die 7-Inch „Hesperian Puisto/Tears With You Tears Without“ (Destination Pop) von Action Biker. Das ist die Ein-Frau-Band der 27-jährigen schwedischen Singer/Songwriterin Sarah Nyberg Pergament. Jetzt denken Sie vielleicht: „Schwedische Singer/Songwriterin my ass!“ Aber hören sie sich das mal an. Vollkommen auf kleinteiligen Elektronikelementen basierende Musik, melancholisch, aber nicht jammerlappig. Sehr gut.

Die zweite Single aus dem hervorragenden Album DUST der Berliner Techno-Frau Ellen Allien. „Our Utopie“ (BPitch Control/Kompakt) ist ein astreiner Minimal-Track mit glockenhellen Synthies und Hippie-mäßigem Vogelgezwitscher. „Should We Go Home“ holpert und fiept MDMA-mäßig durch die Gehirnwindungen. Die Bassline in „Ever“ erinnert an, äh, „Love Is In The Air“ von John Paul Young, die Kickdrum eher weniger. Beim Non-Album-Track „Searching“ trifft perkussives Disco-House-Feeling auf krautige Soundscapes.

Vor ziemlich genau 50 Jahren, am 17. August 1960, traten die Beatles zum ersten Mal in Hamburg auf, im „Indra“. Und jetzt kommt Bambi Kino ins Spiel. Das ist eine Art „Beatles Revival Band“ mit – festhalten – Ira Elliot (Nada Surf), Erik Paparazzi (Cat Power), Mark Rozzo (Maplewood) und Doug Gillard (Guided By Voices). Die 7-Inch „Some Other Guy/Falling In Love Again“ (Tapete/Indigo) enthält zwei orginalgetreu interpretierte Songs (in Mono selbstverständlich), die damals zum Programm der Beatles gehörten: „Some Other Guy“ von Leiber/Stoller und „Falling In Love Again“ von Friedrich Hollaender, die englischsprachige Version von „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“, vor tausend Jahren von Marlene Dietrich popularisert.

Menschen, die sich mit dem DFA-Label beschäftigen, ist Holy Ghost! schon länger ein Begriff. Die beiden New Yorker Alex Frankel und Nick Millhiser haben nicht nur eine Reihe hervorragender discohousiger 12-Inches („Hold On“ – ein Klassiker) veröffentlicht, sondern sich auch als Remixer von LCD Soundsystem, MGMT, Phoenix und Cut Copy verdient gemacht. Die EP „Static On The Wire“ (DFA/Cooperative Music/Universal) ist die erste Veröffentlichung des Duos für Menschen, die Wert darauf legen, dass Tonträger nicht zwölf Zoll messen, sondern zwölf Zentimeter. „Static On The Wire“ und „Say My Name“ kommen in ihrer funkpoppigen Italo-Disco-haftigkeit vielleicht eine Spur zu käsig rüber, die beiden anderen Tracks auf der EP bewegen sich dann wieder auf Holy-Ghost!-Terrain, wo es auch schon ein bisschen technoider zugehen darf.

Und jetzt zu Kap Bambino, dem Electro-Noise-Duo aus Bordeaux. So voll-krass-extrem wie der Nachname von Sängerin Caroline Martial es wahrscheinlich andeuten soll, ist die Musik auf „Bat Caves“ (Because Music) auch wieder nicht. Metallisch unterfütterter Electro-(Punk)-Rock mit Tanzflächenjubel-erzeugenden subsonischen Beats und dem Schreigesang von Frau Martial. Nicht schlecht, nicht schlecht, aber auch so ein bisschen wie Crystal Castles für nicht ganz so Reiche.

Da müssen wir schon ein bisschen weiter ausholen: Markus Rhein war im vergangenen Jahrhundert zusammen mit Elena Poulou (der heutigen Frau Mark E. Smith, verdammt!) Mitglied der Zen Faschisten. Mittlerweile ist Rhein Mitinhaber des hervorragenden Einzelhandelsgeschäfts und des gleichnamigen Labels Resonanz Schallplatten am Rande des hervorragenden Glockenbachviertels in München. Als ob das noch nicht genug wäre, hat er wieder eine Band gegründet. Die heißt Katie Smokers Wedding Party. Die erste Single „Kate/Pauli“ (Resonanz Schallplatten) – auch erhältlich auf grünem Vinyl -, enthält zwei genial-dilettantische Lo-Fi-Post-Punk-Schrammel-Songs, deren Hitpotenzial sich mit der zunehmenden Zahl der Anhörungen erhöht. Sehr beachtlich dieses Keyboard oder der Synthesizer, oder was das ist.

Über Retro Grade, das Italo-Disco-House-Duo von Serge Santiago und Tom Neville, haben wir im vergangenen Jahr an dieser Stelle schon das ein oder andere Wort verloren. Selbst der Track „Moda“ wurde hier bereits besprochen. Dass das jetzt noch einmal geschieht, liegt daran, dass die 12-Inch im Sommer 2009 innerhalb einer Woche ausverkauft war und der Track jetzt als Doppel-A-Seiten-Single „Moda/Pulsar“ (Deconstruction) bei einem „richtigen“ Label wiederveröffentlicht wird, so dass auch normale Menschen, die nicht jeder 12-Inch hinterherhecheln, in den Genuss dieser Musik kommen können. Von „ultragrellen Synthies“ sprachen wir damals, von der „Grauzone zwischen Disco und House“ und der „Verzeitgeistigung von Italo Disco“. Das alles hat immer noch Gültigkeit. Der AA-Seiten-Track „Pulsar“ erweitert das Konzept um ein paar hübsche Acid-Beigaben.