„The Revenant“-Regisseur Iñárritu hat einen Virtual-Reality-Meilenstein geschaffen
Der Oscar-Preisträger erweitert die Möglichkeiten von VR-Brillen. Er lässt Zuschauer in einer neuartigen Installation Teil von Einwanderern werden, die von der Polizei gehetzt werden.
Normalerweise stehen beim Filmfestival von Cannes die Beiträge des Wettbewerbs um die Goldene Palme im Mittelpunkt. Doch mit nur knapp sieben Minuten Filmmaterial konnte er abseits des großen Festival-Rummels für eine kleine Sensation sorgen. Mit einem Virtual-Reality-Film über Menschen, die aus Mexiko illegal in die USA einreisen.
VR-Konzepte warten noch auf den ganz großen Durchbruch. Das Videospiel „Resident Evil 7“ hat zuletzt Gamer mit der Brille anlocken können, Google zielte mit einer „Boiler Room“-Party in VR auf Techno-Fans ab. In der Filmwelt mangelte es bislang noch an guten Konzepten, um die Technologie geschickt einzusetzen. Also entwickelte Alejandro González Iñárritu gemeinsam mit Emmanuel Lubezki, dem vielleicht besten Kameramann der Welt, und den Effekt-Spezialisten von ILM („Star Wars“) eine Installation, die nun in Cannes präsentiert wurde.
Das Projekt „Carne y Arena“ fand etwas außerhalb von Cannes statt, Branchenvertreter und Journalisten wurden einzeln in die Installation geschickt, in dessen Zentrum die VR-Erfahrung steht. Sobald man die Brille aufsetzt, wird man Teil einer Gruppe von Einwanderern, die in der Wüste vor der US-Grenze gegen die Erschöpfung ankämpfen. Dann kommt die Grenzpolizei mit Hubschraubern, umzingelt die Gruppe, Panik bricht aus.
Mit der Brille ins Herz
Das bahnbrechende an Iñárritus VR-Film: Der Zuschauer kann sich im Video bewegen, muss sogar seine Schuhe ausziehen um genauso im Sand zu laufen wie im Video. Dazu kann man die Menschen im Video zwar nicht anfassen, wenn man sich mit der VR-Brille in sie hineinbeugt, sieht man aber ihr rasendes Herz. Oder ihr stillstehendes. Mit sehr viel aufwendiger Programmierarbeit wurde der echte Raum, in dem sich der Zuschauer bewegt, an das virtuell Dargestellte angepasst. Am Ende des Films ist man Zeuge, wie die Mexikaner, die mit der Hoffnung auf ein besseres Leben in Richtung US-Grenze aufgebrochen sind, verschwinden.
„Carne y Arena“ wird als deprimierendes VR-Erlebnis in Cannes gefeiert, die Technologie wurde laut Testern selten so geschickt und dynamisch eingesetzt. Das Problem: Sie ist nur wenigen Leuten zugänglich, anders als die meisten VR-Filme, die man sich einfach herunterladen kann. Da der Kurzfilm teil einer Installation ist, geht „Carne y Arena“ auf Weltreise. Nach der Vorstellung in Cannes wird die VR-Installation in Mailand zu sehen sein, danach in Los Angeles. Später sollen Museen auf der ganzen Welt folgen.