The Raconters München, Muffathalle
Die Detroiter Supergroup spielt auf, wie es sich nun mal für eine Supergroup schickt: super.
Die kuschelige Indie-Veranstaltung ist das heute nicht. Das große US-Rockbiz, hört man, hat sich an diesem Nachmittag über das Muffatwerk gestülpt, mit abgesperrten Bereichen, Bodyguardschränken, „professionellen“ Ungehobeltheiten und was sonst so dazugehört. Die eingeplante Vorband – lokaler Nachwuchs, der sich im Vorfeld mutmaßlich schon mehrere Beine abgefreut hat – ist vom Management nach deren Soundcheck (!) am frühen Abend für unter dem Standard der Raconteurs befunden und heimgeschickt worden. Detroit ist im Haus, und Detroit hat noch nie allzu viel Wert auf Sympathiepreise gelegt.
Warum grinst dann Jack White eigentlich vom ersten Moment an so nett, als wolle er das Publikum im Anschluss noch auf Milch und Kekse einladen? Hier scheint jemand sehr froh, mal Urlaub zu haben vom (selbst gewählten) überhöhten Jack-White-von-den-White-Stripes-Seinund der Disziplin, die dieser Fokusnimmt man die Verbissenheit, die White bei der letzten Stripes-Tour an den Tag legte, als Indikator – abverlangt. Allein der Dresscode! Und jetzt, hier, entspannt in eine beige Karohose und dunkelblaues Schlabber-T-Shirt schlüpfen und mit den lungs rocken gehen – und dabei den hageren Freund Brendan Benson, den eigentlichen Helden der Raconteurs, an seiner Seite zu wissen, ja: ihm über weite Strecken der Show ohne merkbare Ego-Probleme als Sideman zuzuarbeiten. White wirkt so knuffig-gelöst, dass man gar geneigt ist, ihm die kindische Trotzkopf-Eselei mit dem Coke-Song zu verzeihen (nun ja: fast). Er brabbelt vergnügt mit dem Publikum und schmeißt sich immer wieder mit schwellendem Oberarm in seine irrwitzigen Soli – die freilich im Zusammenwirken mit einer feist aufspielenden Band eine ganz andere sonische Wucht im Kreuz haben als im spartanischen Stripes-Kontext. Das reißt, mit Verlaub, die Wurst vom Teller.
Nichts, aber auch gar nichts gegen Meg White. Preis und Ehr‘ für Meg White. More power to her. Sie ist eine Heroine.
Aber Patrick Keeler, auf der anderen Seite, ist eine Naturgewalt. Ein audiovisueller Energieschub, einer jener Drummer, denen ein Betätigungsfeld zu bieten allein es sich geziemte, den Rock’n’Roll zu erfinden. Wenn es ihn nicht schon gäbe. Es gibt ihn schon, und die Raconteurs machen sich eine Lust daraus, einmal quer durchzupflügen in der (etwas schmalen) Stunde, die sie sich die Ehre geben; Koordinaten: Whites ihm in Fleisch und Blut eingewachsener Blues und Bensons Popgefühl mit Ohrwurmgarantie. So geht es dahin, mit endlos Schmackes; bluesbleierner Heavyrock, Garagen-Psyche, Southern-Rock-Jams, schiere blitzende Pop-Momente – als würden Led Zeppelin, Van Haien, Stooges. Lynyrd Skynyrd und die Beatles mal eben zusammen auf die Tube drücken. Ein schieres Vergnügen. Am Schluss gibt’s nur eine Zugabe und keine Milch und Kekse. Detroit war im Haus, und es ist ihm wurscht, ob wir schimpfen. Oder es weiß einfach, dass ihm nach dieser Quadratwatsch’n von einem Rockkonzert niemand böse sein wird. www.theraconteurs.com