The Piano Has Been Drinking
„Halt die Fresse jetzt“, sagt Gerd Kosten Das Publikum ist gut drauf, aber er will ausreden, und nach gut 1000 Auftritten als Sänger von Schroeder Roadshow weiß er, wie man mit den Leuten umgeht. Köster liebt Tom Waits, weswegen seine Band wie ein Waits-Song heißt und das erste Album aus Coverversionen von Waits-Kiassikern besteht (was sich beim zweiten Album ändern wird). Köster ist Kölner und singt kölsch – das heißt, er kann eigentlich nicht singen, aber er kann es auf genau die gleiche hinreißende Weise nicht, wie es auch Rio Reiser oder Mick Jagger nicht können, und das ist ein Kompliment.
Noch stammt ein beträchtlicher Teil des Live-Repertoires von Tom Waits, und Puristen heulen wohl auf, wenn „Downtown Train“ zum „roten Golf“ wird und „16 Shells From A 30.6“ zu „16 Memme en dr Vringmaschin“ („ein Song zur Ehrenrettung des deutschen Pornofilms: Man gönnt sich ja sonst nichts“). Aber Puristen haben nicht recht, und Rösters Waits ist trotzdem lebendig und bis zur Gänsehaut intensiv. Und das gilt auch für die eigenen Stiikke: Stilistisch irgendwo zwischen Barjazz. Rock ’n‘ Roll und Underground-Tango angesiedelt, erzählen sie vom letzten Hemzelmann. der sich durch Schweizer Banken hackt: vom L’ntergangsprediger, der „noch en Kaatfürdat Schifftet, für die Arche Noah, und immer wieder: von Köln. Und du vergißt den Dom, und es ist Nacht, und Köln sieht aus wie die Eingangsszene von „Angel Heart“: Kleine Leute, Zuhälter, Beichten am Tresen nach dem fünften Kölsch, chaotische Affären — und all das wirkt liebevoll selbst da noch, wo es böse ist. Köster windet sich ums Mikrofon, singt, schreit und bellt mit geschlossenen Augen, lacht und erzählt, und man versteht dabei seinen breiten Kölner Dialekt überraschend gut.
Daß die kunstvoll schlichten Songs packen und Spaß machen, liegt auch an der glänzenden Band. Der Kern aus Schlagzeug, Baß und Piano wird ergänzt von Gästen an Gitarre, Orgel. Sax, Percussion und Gesang, und alle sind so gut und so sympathisch und vermitteln so viel Spielfreude, daß die Tübinger rock-unüblichen Zwischenapplaus für Soli spenden und sich zum Mitsingen anmachen lassen. Und den Köster lieben alle, als er nach zwei langen Zugabe-Sets verschwitzt von der Bühne geht.