The Jeremy Days
In Hamburg, wo sie vom ersten Song an heimspielmäßig gefeiert wurden, kamen die ehemaligen Real McCoys gar nicht erst dazu, eine dramaturgische Steigerung aufzubauen: Die Hanseaten feierten gnadenlos sich und „ihre“ Shooting-Star-Band.
Anders in München: Trotz gespannter Neugier („Bringen’s die auch live?“) liegt weniger Exitement in der Luft – also bleibt es den Jeremy Days überlassen, den Stimmungspegel hochzutreiben. Spätestens nach drei Songs steht fest, daß sie sich’s wirklich leisten können, den Rest der Welt (mit dem Titel ihrer Debüt-LP) zu fragen „Are You Inventive“? Keine Promotion-Tour, keine auf die Bühne gezwängte LP-Version: ein Konzert, ein musikalisches Ereignis. Sänger Dirk Darmstaedter (das ist der mit der deutsch-amerikanischen Vergangenheit, dem „angry young hippie“-Haar weit in der Stirn, den über jeden Eleganz-Verdacht erhabenen Bewegungen und zwischendurch der linken Hand unterm Schwarzkittel) traut sich was: Setzt nicht nur auf Power und Pathos, singt vor allem Intros auch verletzlich-intim, allen falls dazu noch in die Saiten greifend. Er kommt gut an, taut spürbar auf und gerät ins Erzählen: Wie ich damals für amerikanische Hausfrauen immer wieder „Uli Marken“ singen mußte.
Und wenn er schon dabei ist. in der Vergangenheit zu kramen – why not: John B. Sebastians „I Had A Dream“ von anno 1970 (als Dirk kaum älter war als fünf) in einer kompetenten Fassung ganz ohne Mätzchen.
Erst die Ruhe, dann der Sturm. Die fürs Studio mit Streichern und Bläsern komplex arrangierten Songs kommen live ungestümer, klingen abgespeckt und gitarrenbetonter. Obwohl die fünf Jungs offensichtlich gut drauf sind, widerstehen sie der Versuchung, wild draufloszudreschen. Schließlich haben sie gute Ohrwürmer im Repertoire und tuen gut daran, auch deren subtilere Qualitäten rüberzubringen – gelegentlich ergänzt um a-capella-Einlagen. Vielleicht haben ja auch die anwesenden Musiker-Mütter mitgekriegt: Hier absolviert eine Band souverän die entscheidende Reifeprüfung.