The Inmates – Erste Offensive


Wie stellen es ein Lehrer, ein Ladengehilfe, ein Reiseleiter und ein Teilzeit-Clubsänger an, ein Hitalbum zu landen und als „neue Stones“ zum Tip der Stunde zu avancieren? Ganz einfach: Sie gründen eine heiße R & B-Band, nehmen ein paar Originaltitel auf, darunter bewährte Standards, gestalten ein Album-Cover im Stil der 60er Jahre, legen sih den aggressiven Namen „The Inmates“ zu… und sind am Ball. So machten es jedenfalls Gitarrist und Songschreiber Peter Gunn, Bassist Ben Donelly, Tony Oliver (g) und Sänger Bill Hurley, als sie mit FIRST OFFENCE ihr Debut-Album starteten. (Drummer Jim Russell ist erst seit Dezember ’79 dabei). Vor einigen Wochen spielten sie hier im Vorprogramm von Elvis Costello.

Der gigantische Sänger Bill Hurley besteht darauf, daß es bei den Inmates um erheblich mehr geht als nur um Nostalgie. Bill und Ben erklären einhellig: „Wir versuchen nicht Songs aus den 60er Jahren wiederzubeleben oder Note für Note zu kopieren. Du kannst schließlich nicht die musikalischen Einflüsse ignorieren, die in den vergangenen 20 Jahren dazugekommen sind. So lange liegt es immerhin zurück, seitdem einige der Aufnahmen zuerst veröffentlicht wurden. Wir verändern sie bewußt, manchmal ganz einfach wegen neuer Einflüsse oder auch aufgrund des besseren Equipments. Wenn du zum Beispiel unsei Album mit dem ersten der Stones vergleichst, so handelt es sich beide Male um Rhythm’n‘ Blues, aber die Platten unterscheiden sich radikal voneinander was Sound und andere Dinge betrifft. Auf unserem Album finden sich in der Tat einige neue guitar licks, die in den 60ern einfach noch nicht gespielt wurden. Der Grund, warum wir diese Standards spielen, ist ganz einfach der, daß wir alle eine gewisse Bewunderung dafür hegen und nicht etwa der, daß wir keine neuen Melodien schreiben können… Es hat definitiv nichts mit Wiederbelebung um jeden Preis zu tun, sondern mit Weiterentwicklung“. Immerhin gibt die Band zu, daß ihre Schallplattenhülle ein Revival der frühen Stonesoder Animals Cover-Art ist. Ja, sie stehen sehr auf die Stones…

Es muß ein hartes Stück Arbeit gewesen sein, das Inmates-Konzept konsequent durchzuziehen, denn im Zuge des Punk-Boomes galt R & B schließlich lange als eher unpopuläre Musikrichtung. „Ich weiß, das klingt wie ein Klischee, aber wir hatten durchaus nicht die Absicht, damit erfolgreich zu sein“, meint Ben. „Wir waren wirklich überrascht, als wir in den Charts waren. Wir spielen R & B, weil dies die Musik ist, mit der wir in den aufwuchsen und die einfach in uns steckt. Auch mit dem gegenwärtigen R & B-Boom haben wir nichts zu tun, weil wir schon seit fünf oder sechs Jahren dieselbe Musik spielen. Ich finde es jedoch gut, wenn junge Bands da sind, weil das zur Ermutigung beiträgt“.

Die Inmates erklären sich ihre Überlebenschance auch damit, daß viele Punks das tanzbare Element des Rhythm’n’Blues mochten. Obwohl die Band ursprünglich ihren Namen erhielt, nachdem Bill „Jailhouse Rock“ gesehen hatte, beziehen die „Insassen“ ihre musikalischen Inspirationen nicht allein aus dem Vermächtnis der 60er UK-Bands, sondern auch aus altem Soul-Repertoire beispielsweise des Stax-Labels oder früher Chess-, Atlanticoder Checker-Aufnahmen wie „The Walk“, „Dirty Water“ und „Midnight To Six Man“, mit denen die Band jetzt ziemlich erfolgreich war.

„Uns gefällt die Aggressivität in diesen Titeln, und ich glaube, daß das Publikum uns auch deswegen mag, weil es von Disco und den Eagles langsam genug hat“, sagt Bill. Und Ben: „Wir waren völlig auf diesen absolut rohen Sound fixiert. Wir wollten darum sogar nur ein einziges Mikro in der Mitte des Studios platzieren, aber bei der heutigen Studioausrüstung ist das unmöglich. Unser Produzent Vic Maile (Er produzierte die frühen Who. Die Red.) setzte alle seine Erfahrungen ein, um diesen Effekt mit anderen Mitteln zu erzielen“.

Live besitzen die Inmates durchaus die Präsenz und die Qualität der 60er Bands. Es kann nur die Vorsehung gewesen sein, die sie zusammenführte, denn die Probleme, die richtigen Leute zu finden, wuchsen sich manchmal schon zu einem Alptraum aus. 34 Drummer und mehr als hundert Gitarristen spielten vor. „Der Grund dafür war, daß alle behaupteten, sie würden R & B spielen“, erklärt Bill Hurley. „Aber, wenn sie zur Sachen kommen sollten, stellte sich heraus, daß es das übliche 12-Takt-Material war was sie kannten und ,Route ,66′. Die jungen Gitarristen betrachten R & B als etwas, was du im ersten Jahr spielst und dann als Erfahrung ablegst. Aber das ist eben nicht der Fall. Rhythm’n’Blues zu spielen, ist eine Kunst und es dauert seine Zeit, bist du in der Lage bist, es wirklich überzeugend zu tun“.