The Decemberists, Hamburg, Knust
Klage, als wurdest du gerade von einem Wal verschluckt: Ein Lockermachungs-Seminar mit den Theatralikern aus Porttand tut Hamburg gut.
Diese Sache mit der totalen Anteilnahme auf Konzerten ist ja schwierig. Zumindest, wenn diese entrückte Blicke und begeistertes Mitwippen sowie ehrlichen Applaus übersteigt. Kein Wunder: In Zeiten, in denen man uns weismachen will, jeder sei Deutschland, fühlt man sich zuweilen schon bei Ansagen wie „Hallo Hamburg!“ peinlich berührt. Bei den Decemberists gibt man sich demnach anfangs gewohnt skeptisch. Ein paar befreite Individualisten üben sich schon während der tollen Vorband Two Gallants in enthemmtem Ausdruckstanz – das Duo aus San Francisco dankt dies mit einem brillanten Set zwischen Bright Eyes und White Stnpes -. die Mehrheit aber schwankt reiztrunken und ein wenig unsicher auf dem schmalen Grat zwischen idealerweise gewünschter Autarkie und gewohnt beruhigender Gleichschaltung.
Decemberists-Frontmann Colin Meloy scheint das zu kennen. Deshalb hat er in seiner Eigenschaft als nebenberuflicher Entspannungshelfer heute wahrscheinlich auch sein Spaß-Sakko angezogen: Weiß mit dünnen, schwarzen Streifen – gar nicht mal so schön. Er ist eine derart einnehmende Mischung aus liebem Onkel, komischem Kauz und Rockstar, daß einem ganz warm ums Herz wird. Außerdem gibt es die passende musikalische Un
termalung: Von „July. July! über „Eli, The Barrow Boy“ bis „Engine Driver“ reiht sich Lieblingslied an Lieblingslied. Wohlfühl-Laune macht sich breit. Und dann die Feuerprobe: Alle sollen sich ducken. An der Bar murmelt einer..dos ist ja peinlich“ und bleibt auf seinem Hocker sitzen. Die Stehenden zö- gern. Meloy flüstert. Freundlich, beschwörend. Man wünscht sich die Chuzpe des Kleinkindes zurück. das zwar im Mitmach-Zirkus Angst vor dem Clown hatte, aber unbedingt auf dem stinkenden Lama durch die Manege geführt werden wollte. Hockt sich schließlich hin, der Rest macht es ja auch so.
Dieser Exkurs ins Herdenhafte ist jedoch nur Vorbereitung für den Zenit des Konzerts: „The Mari- ner’s Revenge Song“.“.So, jetzt müsst ihr euch kon- zentrieren“, erklärt Maloy. Wenn der Gitarrist ein Zeichen gebe, erläuterter, „klagt ihr, als ob ihr ge- rode von einem Wal verschluckt würdet. Das Gelin- gen des Songs hängt davon ab.“ Die ersten beiden Testläufe klingen verhalten. Doch als dann der Song gespielt wird, jault und stöhnt aufs gegebene Zeichen ein ganzes Publikum. Und danach wird ge- schunkelt, getanzt, gegrinst. Ob der Motzkoffer an der Bar zwischenzeitlich gegangen ist. tut nichts zur Sache. Ob einen Freunde ab sofort „Hippie“ schimpfen – auch egal. Die sollen den Rand halten und lieber ein Lama vorbeibringen, auf dem man sich nach Hause führen lassen kann. Durch die ge- samte Nachbarschaft, bitteschön.
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