The Cure: Schwarzgeld


Eine weitere Best Of von The Cure bringt Kohle in die Kasse. Aber Robert Smith will sich nicht so recht darüber freuen.

Bisschen Small Talk vor dem Interview: Du fliegst nie, habe ich gehört. Deine Flugangst ist bekannt. Es war ja ’ne große Geschichte, dass ihr mal vier Wochen im Schiff nach Australien unterwegs wart. „Wie bitte?“ Robert Smith (42) lacht. „Was ist das denn für ein Quatsch?“ Aber es stand in den Zeitungen, eure australischen Fans haben Petitionen geschrieben, damit ihr endlich kommt und ihr habt euch ins Schiff gesetzt… „Und wie sind wir in Australien von Stadt zu Stadt gekommen? Mit dem Zug?“ Das amüsiert ihn. „Das Gerücht mit der Flugangst stammt aus der Zeit um 1987, als wir gerade so richtig erfolgreich wurden. Alles wurde so hektisch und ich hasste das. Der einfachste Weg, alles abzubremsen, war für mich damals, diese ‚Flugangst‘ zu entwickeln. Es hat funktioniert, es verlangsamte alles auf ein Level, das erträglich war.“

Robert Smith. Der Godfather Of Goth. Sein Poster prangte vor ein paar Jahren auf deiner Wand und auch alle deine Freunde hatten mindestens eine Cure-Platte. Jeder hatte seine Lieblings-Cure-Phase, die einen mochten die schwerfällige Monotonie von „Seventeen Seconds“, die anderen die Totalverspulung von „The Top“, die meisten die Mithopspopnummern von „Lovecats“ bis „Friday I’m In Love“. Auf Partys war The Cure die Band, auf die man sich einigen konnte, schräg genug für die Freaks, poppig genug für die Braven. Seit Mitte November gibt es „The Greatest Hits“ von The Cure. Warum? Mit „Standing On A Beach“ und „Galore“ gibt es bereits zwei Singles-Compilations, die einen umfassenderen Überblick über das Schaffen der Band bieten. Der einzige nachvollziehbare Grund für die Veröffentlichung ist, seien wir offen, der schnöde Mammon.

Robert Smith. Ziemlich rund ist er, aber das weiß man ja. Dafür sieht er überraschend gut aus. Vor allem für einen 42-Jährigen mit dezent geschminkten Lippen und einer Matte, die immer noch wirkt wie das Experiment eines humorigen Genforschers, eine Trauerweide mit einem Adlerhorst zu kreuzen. „Greatest Hits“ könnte auch „The Cures Biggest Pop Singles“ heißen. Von „Boys Don’t Cry“ über „Lovecats“ bis zu zwei ganz neuen Titeln „Cut Here“ und „Just Say Yes“ präsentieren sich hier fast ausschließlich die Dreieinhalb-Minuten-Hochglanzpop-Momente ihrer vielfältigen Bandgeschichte. Eine spaßige, aber einseitige Auswahl. „Ich habe die Titel ausgesucht. Es geht letztlich um unsere größten Hits, also schieden Titel wie ‚The Hanging Garden‘ oder ‚Charlotte Sometimes‘ schon deswegen aus, weil sie wenig Erfolg hatten.“ Wer The Cure jetzt aber erst kennen lernt, erhält ein ziemlich falsches Bild. „Ja, aber das war schon immer so. Wir haben uns nie auf irgendeinen Stil festgelegt und immer mit unseren Popsingles Leute zu uns gelockt, die von den Alben dann überrascht waren. Das ist ein fester Bestandteil unserer Geschichte. Mein Herz hängt mehr an unseren stimmungsvollen Sachen, und ich hoffe auch, dass man sich an uns einst wegen dieses Sounds und nicht wegen unserer Popsingles erinnern wird. Ein Teil des Deals mit der Plattenfirma – den sie bestimmt nicht einhalten werden, das machen sie nie – war auch, dass ich dieser Sammlung eine Cure-Compilation folgen lassen darf mit all den Songs, die ich für die Schlüsselstücke in unserer Karriere halte.

Die ‚Greatest Hits‘ sind das erste Cure-Projekt, das nicht aus der Band heraus entstand. Wenn es nach mir gegangen wäre, ich hätte es nicht gemacht. Aber nachdem klar war, dass wir unseren Plattenvertrag nach ‚Bloodflowers‘ nicht verlängern würden, war auch klar, dass die Plattenfirma in kürzester Zeit eine Best Of auf den Markt gebracht hätte, auf die ich keinen Einfluss gehabt hätte. So kann ich wenigstens gewährleisten, dass das Album meinen Ansprüchen gerecht wird. Du hättest den Tracklisting-Vorschlag der Plattenfirma sehen sollen, der war geradezu geisteskrank!“

Harte Worte. Schließlich waren The Cure ihre gesamte Karriere dem Label Fiction treu. Damit soll jetzt Schluss sein? „Ich bin 42. Ich habe einfach die Schnauze voll, mir permanent Dinge verbieten zu lassen von Leuten, die jünger sind als ich. Es ist frustrierend. Die B-Seiten-Compilation liegt seit über einem Jahr fertig in der Schublade und sie veröffentlichen sie nicht! Wir wollten für dieses Album Remixe machen lassen und durften nicht! Wir durften nicht mal unsere eigenen Songs neu aufnehmen! Es ist hirnrissig!“ Es folgt eine Tirade über Rechtssituationen im Musikbiz, aufschlussreich, aber zu umfangreich für uns. Wir klinken uns wieder ein, als Smith erwähnt, dass „Plattenfirmen sich schwer tun, mit mündigen Künstlern direkt zu arbeiten. Sie sind diese Managertypen gewohnt…“ Heißt das, The Cure haben keinen Manager? „Ich habe die Band immer selbst gemanagt. Das ist nicht so schwer, vor allem jetzt, wo ich nur noch E-Mails mit ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ beantworten muss. Wenn ich nach all den Jahren im Business nicht meine Entscheidungen treffen könnte, wäre das doch kläglich! Manche Künstler sind stolz darauf, dass sie alleine keine Flasche aufbekommen! Ich glaube nicht, dass man ein schlechter Künstler ist, wenn man sich mit der kommerziellen Seite seiner Arbeit auch auskennt.“

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