„The Black Album“ von Prince: das berüchtigste Bootleg wird 25


Das berüchtigste und zeitweise teuerste Bootleg aller Zeiten wird 25 – das "Black Album" von Prince. Wir blicken zurück: Unser Autor Jörg Feyer rekonstruierte im Mai 1988 das Schicksal jener Platte, die Prince nicht veröffentlichen wollte.

Lag es an der dämonischen Musik? Einem schlechten Drogentrip? Oder daran, dass die Musik einfach schlecht war? Am 8. Dezember 1987 sollte das „Black Album“ erscheinen, Princes Nachfolge-Werk zu „Sign ‚O‘ The Times“. Die Platte war gedacht als Antwort auf kritische Fans und Journalisten, die Prince vorwarfen, dass er mittlerweile zu viel Pop mache und zu wenig Funk, zu wenig Sex. Dass er harmlos geworden sei.

Das „Black Album“ bot acht Songs, keine Etikettierung auf der Platte, keine Künstler-Info, nur die Songtitel, der Rest: Schwärze. Damit stand der nächste Wurf aus dem Paisley Park bereit, für einen Musiker von Princes Größenordnung aus Marketingsicht nicht ohne Risiko. Dann stoppte Prince am Tag vor Veröffentlichung die Auslieferung. Zirka 500 Pressungen (Promos nicht mitgerechnet) wurden seitdem unters Volk gebracht, manche geklaut, manche von Prince selbst gestreut. In den ersten Monaten nach Veröffentlichungs-Stopp wurden Exemplare des „Black Album“ mit bis zu 20.000 DM gehandelt.

Warner Brothers veröffentlichte das „Black Album“ in limitierter Version schließlich 1994. Zu diesem Zeitpunkt hat das kaum jemanden noch interessiert – Prince, der sich 1994 in „The Artist formerly Known as Prince“ umbenannt hatte, war zu diesem Zeitpunkt als Künstler bereits bedeutungslos.

Unsere Galerie zeigt weitere „verlorene Alben“, die nie oder erst nach Verzögerung veröffentlicht wurden.

In der Ausgabe 5 /1988 beschreibt Jörg Feyer die Geschichte des „Black Album“:

Die Katalognummer lag schon bei der Plattenfirma vor -— WX147. Das Label: Paisley Park. Der unbekannte Künstler: „Somebody“. Geplantes Veröffentlichungsdatum: 1. Dezember 1987. Coverfarbe: Schwarz, bis auf die pfirsich-getönte Laufnummer an der Seite.

Moment mal… Schwarz? Pfirsich? … Ein Blick in die Ticket-Sammlung beseitigt letzte Zweifel. Na klar: “ Wear Something Peach… Or Black“ hatte Prince auf den Eintrittskarten seiner letzten Europa-Tournee die Kleiderordnung des herbeigeeilten Hofstaats bestimmt.

Doch was als — in jeder Beziehung — pechschwarzes Präsent für den Gabentisch in Aussicht gestellt wurde, entwickelte sich zur ausgewachsenen Öffentlichkeits-Farce mit fast tragikomischen Zügen. Und jetzt, da sich die ehedem geheimnisvoll umherschleichende Promotion-Katze kräftig selbst in den eigenen Schwanz gebissen hat, kann die zuständige Plattenfirma in ihrem jüngsten Pressedienst nur noch mit eher gequältem Humor reimen. „Schwarz Hören & Sehen kommt teuer zu stehen!“ Was war geschehen?

Nun, wie fast jedermann inzwischen wissen dürfte, gelangte das ominöse BLACK ALBUM des kleinen Minneapolis-Genius doch nicht zur Veröffentlichung — jedenfalls nicht offiziell. Offiziell wurde kürzlich endlich erklärt, daß es sich tatsächlich um ein Produkt aus dem Hause Prince handele, daß dieser an eine limitierte Club-Veröffentlichung ohne Airplay und Promotion gedacht hatte, dann aber plötzlich einen Rückzieher tätigte, weil: zuviel Prince auf einmal verdirbt selbst ihm die Geschäfte.

Hinten, in der wie üblich munter blubbernden Gerüchteküche, wurden noch einige andere „Warum nicht?“-Suppen aufgesetzt. Prince, hieß es da zum Beispiel, sei sauer auf seine Plattenfirma gewesen, weil diese dem Branchenblatt Billboard gesteckt hatte, es handele sich tatsächlich um ein neues Prince-Opus.

In einer etwas schärfer gewürzten Variante hatten die Warner Brothers ihren Schützling um etwas Geduld gebeten, weil… nun ja, alle verfügbaren Platten-Presser, mit dem Madonna „Dance Mix“-Album voll ausgelastet seien und… RUMMSSS! Da soll sie aber heftig geknallt haben, die Tür im Paisley Park, und eine schmollende Majestät war angeblich wie folgt zu vernehmen. „Ich? Zweite Wahl? Hinter Madonna? Niemals …!!!“

Wie auch immer: Die bereits fertigen An-, Test-, und Erstpressungen wurden weltweit wieder eingestampft. Nur einige Kopien – wir kennen das ja schon seit Cäsars Zeiten -— leisteten Widerstand, und zwar so hartnäckig, daß alsbald einige davon und noch mehr davon gezogene Tapes in … tja, „Umlauf“ kamen. Da liefen sie nun, u. a. auch eins aus London direkt in die Redaktion von „Network Press“. Das 14-täglich aufgelegte „deutschsprachige Magazin für Disco und Dance“ sah die Informationspflicht gekommen, hatte gegen den parallel garantierten Profilierungseffekt natürlich nichts einzuwenden, und rezensierte das Werk Ende Februar mit dem Titelblatthinweis ,Exclusiv – Alles zur Prince-LP.

Und weil nach Veröffentlichung ein totales Telefonchaos in der „Network Press“-Redaktion ausbrach, wurde dort kurzerhand die Devise ausgegeben: „Wenn schon Informationen an andere Medien geben, dann aber flächendeckend.“ Gesagt, getan. Ein entsprechender Telefax-Brief sorgte für Aufsehen in verschiedenen Redaktionsstuben.

Das alles konnte die zuständige Plattenfirma nun überhaupt nicht mehr witzig finden. Und so forderte die Rechtsabteilung der WEA, unter Androhung einer Einstweiligen Verfügung, den Kleinverlag R.A.N. (Auflage „Network Press“: ca. 12000) auf, sämtliche Aktivitäten bezüglich des Albums einzustellen, insbesondere die, allerdings nie erfolgte, Vervielfältigung/Verbreitung desselben. Für den Fall, daß die geforderte Unterlassungerklärung nicht geleistet würde, sah sich die Plattenfirma gezwungen, eine Monopoly-Ereigniskarte zu ziehen: 10000 Mark Vertragsstrafe. „Network Press“ unterschrieb, brach aber als Retourkutsche am 4. März „alle geschäftlichen Beziehungen zur WEA“ ab.

Inzwischen war, über welche Kanäle auch immer, allerdings sogar beim NDR (richtig: Norddeutscher Rundfunk) eine Kopie des Albums gelandet, eine sendefähige, jawohl, die dann auch in der Nachtschiene des Senders in voller Länge über den Äther ging. Klaus Weilershaus, zuständiger Ressortleiter des NDR, sah zu diesem Zeitpunkt „keinen Grund, die Finger von der Platte zu lassen“ und macht für die entstandene Verwirrung vor allem die schlechte Informationspolitik der WEA verantwortlich. Wellerhaus: „Das Ding war da, und warum soll man das nicht spielen können, wenn nicht ausdrücklich erklärt wird, daß es nicht frei ist.

Die WEA hat in diesem Fall einfach geschlafen. Wenn man uns darüber informiert hätte, dann hätten wir es auch nicht gespielt, aber auf irgendwelche Gerüchte brauchte ich nicht zu hören.“

Auch in diesem Fall zückte die Plattenfirma ihre Ereigniskarte – und der Sender erklärte zu unterlassen. Wo die Kopien im Einzelnen genau herkamen, wird wohl auf ewig das ausgebetene Geheimnis der glücklichen Empfänger bleiben.

Fest steht jedenfalls, daß in den USA nur verhältnismäßig wenige Kopien auf dem Markt sind, die eben deshalb mit bis zu 200 Dollar gehandelt werden. Üppiger bestückt sind London und diverse deutsche Großstädte, wo passable Tapes für rund 20 Mark das Stück auf den gängigen Flohmärkten zum Verkauf angeboten werden.

Daß das große Loch möglicherweise beim deutschen Presswerk in Alsdorf gebohrt wurde, wird von Seiten der WEA heftig dementiert. Peer Kurrer, verantwortlicher Product-Manager: „In Alsdorf wurden 70000 Exemplare eingestampft. Es is Quatsch, daß von dort aus Kopien nach draußen gekommen sind oder sogar verkauft wurden. Das sind Gerüchte, an denen kein Fünkchen Wahrheit ist.“

Wahr ist jedenfalls, daß auf hiesigen Flohmärkten sogar schon Platten mit Nummer (!) den Besitzer wechselten. Und wahr ist ferner, daß in einigen Plattenläden unter der Hand Cassetten-Kopien gehandelt werden, deren exzellente Aufnahme-Qualität nur den Schluß zuläßt, daß hier ganz nah an der Quelle gezapft wurde …

Letzter Stand der Prince-Dinge: Das neue Album (Titel: LOVESEXY)soll nun Mitte Mai veröffentlicht und mit der Ballade „When 2 R In Love“ einen Song des schwarzen Meisterstücks noch einmal, quasi offiziell, vorstellen — ein Appetithappen, der Fans, die bisher noch nicht in den Genuß gekommen sind, erst recht heiß auf das geschaßte Oeuvre machen dürfte.

Doch noch ist Prince nicht verloren, denn soeben kommt der allerletzte Stand herein, diesmal wieder aus der Gerüchteküche: In den USA, heißt es, soll es doch noch etliche nicht-eingestampfte Exemplare geben, die nun, solange der Vorrat reicht, in limitierter Auflage als Beilage mit LOVESEXY ausgeliefert werden sollen …

Zwei Songs aus dem „Black Album“, „Bob George und „Superfunkicalifragisexy“ ,stellte Prince 1988/1989 auf seiner „Lovesexy“-Tournee vor:

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