Teenage Fanclub & The Posies
Alte Liebe rostet nicht: Chronik eines herrlich unnormalen Konzertabends.
Normale Konzertabende spielen sich anders ab. Da zittert man sich nicht um halb neun nervös zum Veranstaltungsort, sondern öffnet gemütlich vor dem Fernseher das dritte Bier. Eilt ja noch nicht. An Abenden wie heute ist man hilflos: Mit Teenage Fanclub und den Posies haben sich gleich zwei Bands angekündigt, die seit 18 bzw. 16 Jahren nichts anderes machen als großartige, melodiöse Popmusik, die aber äußert selten auf hiesigen Bühnen zu sehen sind – Teenage Fanclub das letzte Mal vor neun Jahren.
Doch zuerst die Posies. Glaubt man Gerüchten, kennt Ken Stringfellow aus den 90ern noch halb Hamburg und hat es auf die Gästeliste gesetzt. Im schwarzen Anzug und weißer Krawatte springt er Steve-Tyler-esk auf der Bühne herum und ist sich auch sonst für keine Rockerpose zu schade. Jon Auer quittiert die Sperenzchen seines Partners mit dem Blick einer gütigen Ehefrau. Lustig auch die Idee, die Bühne für20 Minuten zu verlassen und aus den ersten Publikumsreihen vornehmlich Stücke des neuen Albums EVERY KIND OF LIGHT zu spielen.
Vor dem Hauptact wächst dann die Anspannung. Es ist wie einer großen Liebe wieder zu begegnen. Wird man fremdeln? Oder wird man nach zwei Minuten knutschen, weil noch alles, alles da ist? Zwei Minuten später die Erleichterung: Norman Blake, Raymond McGinley, Gerard Love und Francis Macdonald mögen aussehen wie Postboten und freundliche Blicke werfen: Mit ihren unnachahmlichen Melodien setzen sie einen erbarmungslos in Brand. Ob die nun vom aktuellen Album Man-Made kommen oder von modernen Klassikern wie Bandwagonesque (1991), GRAND PRIX (’95) SONGS FROM NORTHERN BRITAIN (’97) oder HOWDY! (2000). Ja. sie spielen das schlaueste Liebeslied der Welt („I Don’t Want Control Of You‘) und das traurigste Liebeslied der Welt („Neil Jung“] und viele wunderbar mehrstimmig vorgetragenen Lieder darüber, wie Laub und Leid und anderes abfällt. Zwischendurch reden sie nicht viel, weil die Musik alles sagt.“.Das Dramatische liegt uns nicht so sehr“, hatte McGinley am Nachmittag zu Protokoll gegeben, „ein Dokumentarfilm über uns wäre eine langweilige Sache.“ Zu drei Zugaben klatscht man sie heraus. Hört, wie sie sich bedanken, gerührt. Da möchte man ihnen auch etwas Großes mit auf den Weg geben und brüllt ihnen kopflos „Gott segne euch!“, „Paßt gut auf euch auf!“ und „Bleibt wie ihr seid!“ hinterher. Wie gesagt, normale Konzertabende spielen sich anders ab.
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