Ted Oberg : „Jede Gitarre hat ihren eigenen Charakter“


Die aus Den Haag stammende Bluesgruppe Livin‘ Blues musiziert schon zweieinhalb Jahre zusammen und spielt in folgender Besetzung: Nicko Christiansen (Sang), John La Grand (Mundharmonika), Ted Oberg (Sologitarre), Ruud van Buuren (Bassgitarre) und Cesar Zuiderwijk (Drummer). Ruud (Ex Group 1850 Gitarrist) ersetzte vor vier Monaten Henk Smitskamp, der seine Gitarre vorläufig in die Ecke gestellt hat. Livin‘ Blues ist nicht nur in Holland populär, sondern auch in der Schweiz und in Deutschland. Darüber habe ich mich mit Ted Oberg unterhalten.

2 1/2 Jahre Blues

Der Ausgangspunkt unserer Musik ist der Blues. Trotzdem suchen wir immer wieder nach neuen Wegen. Wir benützen andere Rhythmen, Arrangemente oder neue Instrumente. Es gibt verschiedene holländische Gruppen, die nur imitieren. Das mag ich nicht. Auf unserer neuen Langspielplatte, die wahrscheinlich im Juli auf den Markt kommt, befinden sich gänzlich neue Dinge. Echten Blues kann man darauf fast nicht mehr finden, obwohl all unsere Songs vom Blues abstammen. Dass ist eigentlich logisch, denn heutzutage spielt man auf einem Instrument im Werte von 3.000 Mark und mit einem Verstärker von 100 Watt. Deshalb spielt man automatisch anders. Schon vor zweieinhalb Jahren machten wir Blues. Wir waren die erste Bluesgruppe aus Den Haag. Frage: „Fühlt Ihr Euch musikalisch an?“ TED: „Wir kennen uns musikalisch so gut, dass wir genau wissen, was der andere spielen will. Am Anfang spielte John nur Mundharmonika, doch jetzt spielt er Mundharmonikagitarre. Ich will damit sagen, dass wir immer das gleiche machen. Ich begleite ihn und er mich. Wir haben uns so einander gewöhnt, dass wir eine echte Einheit geworden sind.“ Frage: „Seid Ihr nicht manchmal eifersüchtig, wenn einer von Euch mehr Erfolg hat?“ TED: „Nein, wir gemessen zusammen von unseren Erfolgen. Vielleicht sind wir privat nicht die besten Freunde, doch musikalisch verstehen wir uns ausgezeichnet.“ Frage: „Erzähle uns etwas von Eurer neuen LP.“ TED: „Diese Langspielplatte ist ganz anders aufgenommen worden als unsere erste LP. Damals hatten wir Angst, Fehler zu machen. Wir spielten unheimlich vorsichtig. Niemand sollte hinterher sagen können: „In diesem Solo ist ein Fehler . ..“ Inzwischen ist uns das nicht mehr so wichtig. Wichtig ist, dass die Athmosphäre auf einer Platte gut ist. Nicko spielt Saxophon. Technisch nicht sehr überwältigend, doch dafür sehr funktioneil.“

AKUSTISCHER RUMMEL

Frage: „Ist Eure Musik nicht anders als im Beginn?“ TED: „Natürlich. Man darf nie stillstehen. Man muss jeden Tag versuchen, neue Dinge zu finden. Ich habe einen kleinen Verstärker zu Hause und probiere immer wieder neue akustische Dinge aus.“ Frage: „Wie entstehen Eure Nummern?“ TED: „Nicko (und seit kurzem auch seine Frau) macht unsere Texte. Er schreibt nicht nur über allgemeine Dinge, sondern auch über Episoden in seinem Leben. Wir schreiben also erst den Text und komponieren dann die Musik. Ab und zu wird das eine oder andere Wort hinzugefügt, damit alles gut ineinander sitzt.“ Frage: „Kannst Du uns etwas über Euer Publikum erzählen?“ TED: „In Amsterdam spiele ich nicht sehr gern. Das Publikum ist eingebildet und arrogant. Ich habe erleben müssen, dass sie dort nicht einmal für gute ausländische Gruppen applaudieren. Paradiso ist ein dufter Schuppen, mit einer guten Akustik, doch das Publikum kommt wohl nur dahin um zu schlafen. Im allgemeinen finde ich das holländische Publikum gut. Man muss sich nur sehr anstrengen, um es zum swingen zu bringen. Das deutsche Publikum geht aus um sich zu amüsieren und ist deshalb viel aufgeschlossener. Übrigens, jede holländische Gruppe will unbedingt nach Amerika, aber ich sehe das nicht so. Unsere Plattengesellschaft will uns dorthin vermitteln und wahrscheinlich werden wir dann auch gehen, aber dann nur um Erfahrungen zu sammeln. Wenn man in Deutschland auftritt, dann hat man viel mehr Chancen um populär zu werden.“ Frage: „Willst Du etwas ganz Bestimmtes erreichen?“ TED: „Persönlich möchte ich so ein Gitarrist werden, dass ich von mir selbst sagen kann: „Ich bin gut!“ Obwohl ich mich manchmal frage, ob Eric Clapton sich selbst gut findet. Ich glaube eigentlich, dass „grosse“ Menschen nie mit sich zufrieden sind. Ausserdem möchte ich in vielen Ländern spielen und Erfolg haben. Ich möchte, dass die Menschen an unserer Musik ebensoviel Spass haben wie wir. Und dann sammle ich auch noch Gitarren. Ich habe schon sechs Stück. Alle Sorten. Jede Gitarre hat ihren eigenen Charakter. Ich möchte gern -ein grosses Zimmer haben mit zwanzig Gitarren an der Wand.“ Die Zukunft von Livin‘ Blues sieht sehr rosig aus. Die Schweiz, Deutschland und Polen. (Im September 26 Konzerte) sind die Länder, die in nächster Zeit auf ihrem Programm stehen und dass sie dort Erfolg haben, steht für mich jetzt schon fest.