Taylor Swift: Rot und glitzernd – die Geheimnisse ihres Styles


Von der Lippenstiftmarke bis zum Pailletten-Röckchen: Warum der Look von Taylor Swift ein bisschen langweilig, aber extrem erfolgreich ist – und von Hunderttausenden Swifties nachgeahmt wird. Eine Analyse des Swift-Styles.

Taylor Swift sieht gut aus, keine Frage. Gleichzeitig ist es egal, wie sie aussieht. Wir wollen hier nicht ihren musikalischen, lyrischen, performativen Wert an Optik festmachen. Und doch muss es erlaubt sein, den Blick einmal darauf zu richten, wie sie sich anzieht und zurecht macht – so wie man es bei Beyoncé und Billie Eilish, bei Bad Bunny, Bill Kaulitz und beim herrlich muskulösen Lenny Kravitz in seinen Netzshirts, kurz: so wie man es nicht allein bei weiblichen Popstars tut.

Falls wir uns darauf einigen können, lässt sich schonmal festhalten: Taylor Swift ist die erfolgreichste Frau mit dem (vermutlich absichtlich) langweiligsten Style im Pop. Sie zieht sich an, und das meist hübsch. Punkt. Vor allem liebt sie den 1950s-Style, oder liebte ihn, so ganz klar ist das derzeit nicht. Klicken wir ihre aktuelle Style-Galerie bei der Gala durch ( https://www.gala.de/beauty-fashion/fashion/fashion-looks–der-style-von-taylor-swift-20780604.html ), in deren Unterzeile es heißt, Swift vereine „Jugendlichkeit und Retro-Fashion auf ganz besondere Weise“: Aus den Fotos wird deutlich, dass sie der Fifties-Silhouette treu bleibt – auch wenn ihre Outfits nicht mehr auf den ersten Blick nach Fifties aussehen. Oben gern kurz und schmal, unten beinfrei ab dem Oberschenkelansatz oder, wenn sie Röckchen trägt, eher ausladend und glockig.

Es ist offiziell: Taylor Swift ist die gefragteste Künstlerin der Welt

Auf YouTube im „73 Questions with…“-Interview mit der amerikanischen Vogue beantwortet sie die Frage „What’s your favourite fashion trend of all time?“ mit den Worten „high-waisted stuff“, sprich: Ja, wir sind noch in den Fifties, mit Anspielungen auf die Mode jener Zeit, die lange Frauenbeine gut zur Geltung brachte – etwa mit Petticoats und „Short Shorts“, so wie Marilyn Monroe sie trug. Das Bündchen oder Gürtelchen sitzt knapp unterhalb der Rippen, sodass man eventuell noch ein Stück Bauch sieht, aber nicht den Nabel. Ulkig im Vogue-Video ist außerdem, dass Swift darin nahezu akzentfrei auf Deutsch bis zehn zählt – aber in Bezug auf die Frage, ob ihr Style interessant ist, oder gar progressiv, bringt uns das nicht weiter.

Die Modebranche liebt Taylor Swift, vor allem seit sie wahnsinnig erfolgreich ist. Für die Bühnenshow ihrer „Eras“-Tour ist sie von den Marken Christian Louboutin, Versace, Roberto Cavalli und Vivienne Westwood ausgestattet worden. Die ganze luxuriöse Maßschneiderei ist mit extrem viel Pailletten und Strass besetzt. Aber kein Outfit reicht wirklich an die ikonischen Looks heran, die der Couturier Thierry Mugler etwa für Beyoncé anfertigte, oder an die Showstopper, die der legendäre, heute 84-jährige Kostümbildner Bob Mackie für Cher oder Dolly Parton seit den 1970er-Jahren entwarf. Wie zahm Taylors Show-Looks im Vergleich trotz allen Funkelns sind, lässt sich auch daran messen, dass – zumindest nach Kenntnisstand des Autors – bislang noch keine Drag-Queen auf die Idee gekommen ist, als Taylor-Swift-Imitatorin auf die Bühne zu gehen. Während es vor übertriebenen Chers, Dollys und Beyoncés in Drag-Shows nur so wimmelt.

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Während die Suche nach einem wirklich tollen, möglicherweise sogar kulturell relevanten Stilmoment in Swifts Garderobe ins Leere läuft, hilft die Erinnerung daran, dass sie ja eine Sängerin ist – und dass Millionen Swifties ihr an den Lippen hängen. Ebendiese sind schon seit einer ganzen Weile: sehr, sehr rot. „I got that red lip classic thing that you like“, sang Swift schon vor zehn Jahren in ihrem Hit „Style“ auf dem „1989“-Album, und: „We never go out of style“. Mit „we“ mögen sie und ihr rot geschminkter Mund gemeint gewesen sein, oder sie und ihr Lover. Im Song bleibt das eher offen. Im wahren Leben hält ihr Lippenstift länger als jeder Mann, bislang. In Fan-Foren gibt es tausende Threads zu der Frage, welchen Lippenstift genau sie trägt. Als mehr oder weniger gesichert gelten darf: Sie liebt den „LiquiLust™ Legendary Wear Matte Lipstick“ in der Farbe „Elson 4“ von Pat McGrath Labs. Die Gründerin dieser Marke, die Britin Pat McGrath, ist eine der einflussreichsten Make-up-Künstlerinnen unserer Zeit. In Swifts „Bejeweled“-Video hat sie sogar einen Cameo-Auftritt als fächerwedelnde, hold lächelnde Königin. Vor dem Hintergrund, dass Swift ursprünglich in der weißen, oft rassistischen Country-Welt verwurzelt war, kann man es durchaus als politisches Statement deuten, dass sie hier einer schwarzen Make-up-Künstlerin eine Plattform bietet und so deren black-owned beauty business supportet.

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Ansonsten aber vermittelt Swift mit ihren modischen Entscheidungen und roten Lippen vor allem, dass sie sich selbst gefallen will, nicht der Pop- oder Modekritik. Daran ist nichts falsch. Wobei sie im Song „Style“ auch ihm gefallen will. Er mag nicht nur „that red lip classic thing“, von dem die Rede war, sondern, wie Taylor weiter singt: „I got that good girl faith and a tight little skirt“. Damit er das gute Mädchen mit dem engen Rock nimmt, singt sie noch: „Take me home (Ah), Just take me home (Ah), Yeah, just take me home (Ah) Oh-oh, woah-oh, oh“. Klar, Swift hätte die Rollen hier auch vertauschen und etwas aktivischer singen können: „I wanna take you home (Yeah)“, und so weiter. Manche hätten das feministischer, emanzipierter, irgendwie interessanter gefunden. Aber weder das Leben ist ein Wunschkonzert, noch Taylor Swift und ihr Stil.