Tayla Parx rechnet mit „Emotional Support Ex“ ab


Auf ihrem neuen Soloalbum MANY MOONS, MANY SUNS verarbeitet die Sängerin alle Trennungsphasen.

Von Marit Blossey

Tayla Parx ist eine Meisterin darin, sich in die Gefühlswelten der größten Stars hineinzuversetzen und deren Emotionen in Lyrics zu verwandeln. Die amerikanische Sängerin und Songwriterin ist die kreative Schöpferin hinter Mega-Hits wie Troye Sivans „Got Me Started“ oder Ariana Grandes „thank u, next“. Mit MANY MOONS, MANY SUNS (erscheint am 12. Juli) legt die mehrfach Grammy-nominierte Künstlerin, die kürzlich in ihre Heimat im Süden der USA zurückgekehrt ist, nun ein intimes Solowerk vor, indem sie ihre letzte Trennung verarbeitet – mit einem Happy End?

Wer Tayla Parx’ Namen nicht kennt, kennt dennoch mit Sicherheit ihre Worte. Christina Aguilera, Usher, Rihanna, Ariana Grande, Nicki Minaj, BTS, Panic! at the Disco, Mariah Carey – die Liste der Künstler:innen, mit denen die Grammy-nominierte Songwriterin zusammengearbeitet hat, ist lang. Über verschiedene Genres hinweg hat die 30-Jährige in der Musikindustrie ihre Vielseitigkeit unter Beweis gestellt, ist erfolgreich von Pop über R&B bis Country. Als Songwriterin für das Countrypopduo Dan + Shay konnte sie sogar einen Nummer-1-Hit in den Country-Charts verbuchen – eine Leistung, die sie neben Beyoncé, Tracy Chapman und Donna Summer als eine von nur vier Schwarzen Frauen erreichte.

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Vom Studio auf die Ranch in Nashville

Neben all den namhaften Kooperationen nimmt sich Parx jedoch immer wieder Zeit für eigene Projekte. Emotionen zu verarbeiten gibt es dabei genug, denn ihr Privatleben verlief in den letzten Jahren turbulent: Sie verlobte sich, löste die Verlobung wieder, erlebte Herzschmerz, durchlief eine Phase der Selbstfindung und verliebte sich schließlich neu. Diese Erfahrungen haben ihr neues Album MANY MOONS, MANY SUNS inspiriert.

Für diese Aufarbeitung der Höhen und Tiefen ihres Lebens brauchte sie jedoch zunächst etwas Abstand von allem: „Ich war ständig unterwegs, immer in Bewegung. Es war wichtig für mich, dem Leben einfach mal seinen Lauf zu lassen“, erzählt Parx im Zoom-Gespräch von ihrem neuen Zuhause bei Nashville. „Ich wollte musikalisch wie auch privat zu meinen Wurzeln zurückkehren und das persönliche Wachstum verarbeiten, das ich in den letzten Jahren erlebt habe.“

Also hat Parx das glamouröse Leben in Los Angeles hinter sich gelassen und sich ein Stück Land außerhalb von Nashville gekauft. Hier hat sie Hühner und Ziegen angeschafft, wobei die Ziegen nach berühmten Schwarzen Künstlerinnen benannt sind. Parx, die in Texas aufgewachsen ist, plant hier nun langfristig ihren Hauptwohnsitz einzurichten, inklusive Hühnerstall, Gemüsegarten und einem Studio auf dem Gelände.

In Nashville experimentierte Tayla Parx zunächst damit, neue Musik zu schreiben und zu veröffentlichen, wann immer sie sich inspiriert fühlte. 2022 erschienen bereits die Singles „Rich“, „Flowers“ und „For What It’s Worth“. Erst in diesem Frühling hatte sie das Gefühl, dass sich ein Kreis geschlossen hat und die Songs, die sie in den letzten Jahren geschrieben hat, inzwischen zu einem kompletten Album zusammengefügt haben – ihrem ersten seit der Trennung vom Major-Label Atlantic, auf dem die Vorgängeralben „We Need to Talk“ (2019) und „Coping Mechanisms“ (2020) erschienen waren.

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Wie überwindet man einen Break-up in 10 Schritten?

Mit MANY MOONS, MANY SUNS erscheint nun Parx’ bisher interessantestes Solowerk. Musikalisch inspiriert wurde sie aus verschiedenen Genres und Epochen, von British Pop der 90er über Drum & Bass bis hin zu Country-Einflüssen. „Ich versuche einfach immer wieder, eine Schülerin der Musik zu sein und zu sehen, was ich aus all dem Material, das ich gelernt habe, Neues kreieren kann“, erzählt Parx. Dies zeigt sich auf dem Album, das verschiedene Genre-Mischungen und typische Singer-Songwriter-Elemente vereint. Der Song „10s“ strotzt vor Energie, inspiriert von der Ballroom-Culture New Yorks, der lockere New Wave-Sound von „Flowers“ macht gute Laune.

In den Texten auf MANY MOONS, MANY SUNS wird es hingegen erstmal gay und messy. Der erste Track, „Dream Hotel“, setzt den Ton: Parx’ wurde das Herz gebrochen, die geplante Hochzeit wird nicht stattfinden, wie der nächste Track, „This Was Supposed To Be Our Wedding Song“, unmissverständlich klar macht. Nach der Trauer folgt die nächste Phase der Verarbeitung: Sich selbst wieder lieben lernen! Der Sound dazu macht Spaß und ist tanzbar, beispielsweise in „Celebration Weight“ oder „Era“, einer Zusammenarbeit mit der in Simbabwe geborenen australischen Singer-Songwriterin und Rapperin Tkay Maidza.

Phase drei: Flirten ist angesagt. „We don’t gotta fuck / I just wanna flirt / It don’t gotta be love / Couldn’t hurt“, singt Parx in „For What It’s Worth“ und fasst damit gut zusammen, wie es sich anfühlt, sich nach einer Trennung das erste Mal wieder herauszuwagen. Doch wie bei jedem dramatischen Break-up gibt’s auch den einen oder anderen Rückschlag: Mit „Emotional Support Ex“ greift Parx ein beliebtes Klischee der queeren Community auf, beschreibt, wie sie immer wieder auf ihre Exfreundin zurückfällt und nicht loslassen kann. Zwei Lovesongs auf dem Album deuten jedoch an, dass auch auf die schlimmste Trennung vielleicht ein Happy End folgt.

Parx’ künstlerische Kooperationen sind vielfältig

Tayla Parx zieht viel kreative Energie daraus, mit anderen Künstler:innen zusammenzuarbeiten: „Ich höre nie auf, für mich selbst zu schreiben, ich mache immer beides gleichzeitig“, verrät sie. Das Arbeiten mit anderen Künstlern ermöglicht es ihr, verschiedene Welten zu erkunden und sich von ihnen inspirieren zu lassen, um dann wieder in ihre eigene Welt zurückzukehren. „Das trägt für mich wesentlich zum kreativen Prozess bei – egal, ob ich an eigenen Projekten arbeite oder nicht, ich möchte immer sicherstellen, dass ich inspiriert werde,“ erzählt sie.

Musikerin und Performance-Künstlerin Tayla Parx
Musikerin und Performance-Künstlerin Tayla Parx

Gerade das war es auch, was Parx an der Schauspielerei reizte: Bereits mit 12 Jahren spielte sie „Lil Inez“ in der Musicalverfilmung „Hairspray“, trat in „Gilmore Girls“ sowie Nickelodeons „True Jackson VP“ auf. Für sie ist der Zusammenhang zwischen der Schauspielerei und dem Songschreiben klar: „Schon früh mit der Schauspielerei anzufangen, war ein unglaubliches Geschenk für mich, weil es mir erlaubte, mich in eine andere Person hineinzuversetzen und deren Perspektive zu sehen. Das ist sowohl als Schauspielerin als auch als Songwriterin wichtig – man muss aus seinem eigenen Kopf herauskommen können.“ Zuletzt verkörperte sie die Disco-Ikone Donna Summer im Film „Spinning Gold“.

Wenn es an gemeinsame Projekte im Studio geht, so ist für Parx vor allem wichtig, ob die Chemie stimmt: „Ich frage mich: Werde ich mit der Person Spaß im Studio haben? Für mich ist entscheidend, ob ich mich sowohl beruflich als auch persönlich mit jemandem wohlfühle“, betont Parx.

Queere Stimmen zusammenbringen

Erst kürzlich war die australische Sänger:in G Flip zu Besuch in Parx’ neuem Domizil in Nashville, mit dem Gay Posterboy Troye Sivans „Got Me Started“ landete sie einen ihrer größten Erfolge. Spielt es für sie eine besondere Rolle, mit anderen queeren Künstler:innen zusammenzuarbeiten? „Absolut“, stimmt Parx zu. „Ich möchte zwar nicht behaupten, dass es unmöglich ist, aus der Perspektive anderer zu schreiben, aber es ist meiner Meinung nach notwendig, Personen in ein Projekt einzubeziehen, die sich selbst damit identifizieren können.“

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Ein solcher Rahmen erlaubt es Künstler:innen erst, sich im Prozess des Songwritings wirklich verletzlich zu machen, glaubt Parx. Sie richtet einen kritischen Blick auf die Musikindustrie: „Ein großes Problem entsteht, wenn nur eine bestimmte demografische Gruppe in den Credits für das Schreiben oder Produzieren vertreten ist.

Ich finde es merkwürdig, wenn beispielsweise ein queerer Künstler nur von heterosexuellen Menschen umgeben ist oder eine junge Frau nur mit älteren Männern arbeitet. Da beginnen wir erst langsam, Veränderungen zu sehen.“ Vielleicht hält Parx auch deshalb ihren Kreis klein: Mit nur wenigen Songwriter:innen arbeitete sie für ihr neues Album zusammen, die drei persönlichsten Tracks schrieb sie allein.

MANY MOONS, MANY SUNS klingt wie ein chaotisches, queeres Trennungsalbum und sollte genau dafür geschätzt werden: Tayla Parx nimmt kein Blatt vor den Mund und zelebriert die Unordnung des Lebens in all seinen Höhen und Tiefen. Und es ist herauszuhören, dass sich die Künstlerin jetzt in ihrer bisher glücklichsten Ära befindet – zwischen Hühnerstall und Gemüsegarten in Nashville.

Jared Siskin Getty Images for GLAAD