Sufjan Stevens Köln, Gloria
Das Konzert, von dem wir unseren Kindern erzählen werden: Sankt Sufjan mit seinen Flügelkindern.
Da ist er wieder: Superman! Fliegt ins Publikum, erst einer, dann zwei, dann drei, dann vier, dann fünf, es mag gar nicht mehr aufhören mit den Superlandsmännern und Plastikkameraden des Übersongwriters, Sängers, des gottgläubigen Dichters und sagenhaften Instrumentenbändigers Sufjan Stevens. Den blau-roten Freund und Helfer hat er letztes lahr vom Cover seines Albums COME ON FEEL THE ILLlNOISE a.k.a. ILLINOIS entfernt, nachdem Anwälteden Künstler auf einen drohenden Copyright-Streit mit dem Warner-Imperium aufmerksam gemacht hatten. Seitdem flog Superman nicht mehr für Stevens. Jetzt sind nicht nur Supermänner in der Luft unterwegs, sondern auch Weihnachtsmänner, die Stevens mit der Bitte um sportliche Betätigung in die Reihen wirft: „Boxt sie durch die Haue, damit wir unseren Spaß haben.“ Und während die Rot-Weißen munter segeln, singt Stevens einen wunderhübschen Song mit seltsamem Titel: „That Was The Worst Christmas Ever“. Sozusagen die Live-Single-Auskopplung aus seiner neuen Fünf-CD-Box mit über zwei Stunden Weihnachts-Songs und Songbook mit Akkordbeilagen zum Nachspielen und -singen der Lieder. Eine Nummer kleiner geht’s nicht bei Sufjan Superman.
Stevens hat – wieder einmal (ein Skandal!: Anm. des Redakteurs)nur ein einziges Deutschlandkonzert in seine Europareise eingebaut: „Hl, Vm Siegfried Stevens“, begrüßt er die Fans im Gloria. Mit den beiden riesigen Adler-Schwingen an seinem Rücken sieht der 31-jährige „Chief Eagle Majesty Bird“ (Selbstbeschreibung) aus wie der große Junge aus seinen Traumen, ein Wunderkind, das fliegen kann, genau wie die Vögel und die UFOs, von denen er in den Musikpausen erzählt. Stevens und seine zehnköpfige Band sind mit Masken angetreten, die Musiker der „Magic Butterfly Brigade“ schaukeln ihren charismatischen Vorsänger auf den Wogen der Songs, variieren zwischen Blasmusik-Pathos und kleinen Melodien auf der Oboe, zwischen sattem Musical-Sound und sanftem Hauchen.
Die Stimme inmitten dieser Kunstwerke ist von zarter Natur: „(made a lot of mistakes, in my mindin my mind.“ „Chicago“, „Casimir Pulaski Day“ und „Jacksonville“, die Hits vom ILLINOISE-Meisterwerk, werden mit dem obligaten Früherkennungsjubel bedacht. Sufjan triumphiert, begleitet von einem wahrhaftigen Folk-Orchester und von Shara Worden alias My Brightest Diamond an Gitarre und Spielzeugpiano, die ein sperriges, doch charmantes Vorspiel gegeben hatte. Ein paar Stunden später würde dieser geflügelte Verein nicht weiter auffallen, ein paar Stunden später wird die Karnevals-Session in Köln eingeläutet sein. Dann würden sich die Schwingentiere unter die Bären und Lappenclowns, die popeligen Pastoren und voütrunkenen Feiertagsrocker mischen können. Alaaf! Nicht jetzt.
Sufjan Stevens und Orchester halten ein bemerkenswertes Gleichgewicht zwischen großer, schwieriger Kunst und leichter Unterhaltung. Einmal nimmt Stevens eine mehrminütige Auszeit für einen Wortbeitrag, halb Phantasmagoria, halb rührende Kindheitsgeschichte, erzählt von den Sommer-Camp-Abenteuern mit einem Freund, die geradeaus in den nachten Beitrag führen, „The Predatory Wasp Of The Palisades Is Out To Get Us“. Auf der Videowand marschieren die „lllinoise“-Cheerleader vom letzten Jahr, der kleine Bub da, ist das little Sufjan? Dann zupft der große Sufjan sein Banjo, lässt die Melodien der Bläser über seine Stimme fahren. „Sufjan, webveyou“,ruh einer, und Sufjan antwortet schnell: „love you too „.
Natürlich werden wir unseren Kindern von diesem Konzert erzählen .nicht zuletzt, weil wir es nicht fertiggebracht haben, einen der Super- und Weihnachtsmänner zu fangen. „Scheiße, jetzt hätten wir ganz uorne stehen müssen“, sagt Vater P. neben mir. „Meiner steht auf solche Supermänner.“ – „Meiner auch. AufSupermänner.Totenköpfe und Piratenflaggen.“ Sufjan, bitte wiederkommen, wir haben’s den Kids versprochen! (Die Kölner Kids sind mir Wurst! Komm jetzt endlich mal nach München! – Anm. d. Red.) »
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