Style Council
Klar, daß im Parkett gespannte Erwartung herrschte: Viele hatten 1983 miterlebt, wie Paules Soul-Konzil sein Debüt Cafe Bleu mit unbeholfenem Charme auf die Bühne der Discothek Trinity brachte. Zwei Jahre später, mit dem aufwendig und perfekt arrangierten Stii-Kreuzundquerzug My Favourite Shop im Gepäck, hätten die Briten mit unbescheideneren Ansprüchen rechnen müssen.
Und dann kam alles ganz anders. Die Fans, ganz und gar nicht aufsässig, nehmen ohne Murren hin, daß mit der Sängerin Tracie Young das Vorprogramm ausfällt. Außerdem eine halbe Stunde Verspätung – geschenkt. Auch die im anfänglichen Sound-Chaos untergehende Aufforderung „Get On Up“ hätt’s nicht gebraucht. Von den ersten Takten an wird getanzt: zu lärmendem Swing, sogar zu „My Ever Changing Moods“, einer unerbittlich Richtung „Power-Bossa“ aufgedonnerten Ballade.
Was auf der LP schon mal in Geplätscher abzugleiten drohte, klingt plötzlich heavy, verliert an Eleganz. Bei „The Lodgers“ muß die schwarze Sängerin D.C.Lee gegen die Keyboards anschreien; Gitarre und Percussion werden umsonst strapaziert; aus der Erinnerung ergänze ich subtile Details, die in der Lärmsuppe untergehen müssen. „Shout To The Top“: Endlich decken sich Musik und Draufgänger-Attitüde. Und auf die Mitte ihres Eineinhalb-Stunden-Sets zu sind die Musiker dann endlich entspannt genug, um etwas Ruhe zu riskieren.
Paul schlüpft aus der blasierten Rolle des ewigen Zornlings, singt die Streichquartett-Nummer „A Stone Throw Away“ solo zur Gitarre, läßt dann Mick Talbot auf der Hammond losorgeln, daß der Tastenkasten verdächtig ins Schlingern gerät. Micks rauhe Stimme sorgt mit den „Homebreakers“ für willkommene Abwechslung; die fehlenden Bläser aber können er und seine Keyboard-Kollegin nur andeutungsweise ersetzen. Und noch ein Mangel: Nur wenige der kurzen Weller-Songs vertragen es, wenn sie auf die immer gleiche Manier gestreckt werden – bis ohne klaren Schlußpunkt ausgeblendet wird.
Immerhin: Das Rezept verhilft dem Repertoire zu Spielfilm-Länge und tut der Stimmung offensichtlich keinen Abbruch. Als Rausschmeißer gibt’s die „Internationalists“, den passenden Ausklang für das klassische Mißverständnis zwischen Paul Weller und vielen seiner deutschen Anhänger: Das „Whose’s side are you on?“ seiner Texte ist politisch gemeint – und wird strikt persönlich beantwortet, mit Sympathie-Kundgebungen, die Style Council diesem Konzert zum Trotz verdient hat.