„Du kannst ruhig dein Maul hotten“, würgt Wikinger Topsteen die erste Frage ab, „wir wissen, daß ihr uns Schweden immer noch Ikea, gebeizten Lochs Mädels, packt den Lippenstift wieder ein, dieser Mann geht mit seiner Gitarre ins Bett. „Früher habe ich täglich acht bis zehn Stunden am Tag geübt, inzwischen geht das natürlich zeitlich nicht mehr.“ Heute ist Nuno Bettencourt als Gitarrist von Extreme drauf und dran mit PORNOGRAFFITI, dem zweiten Album der außergewöhnlichen Rocktruppe, Platinerfolge zu feiern und wird nebenbei von versierten Fachmagazinen wenig verhalten als Eddie Van Haien der Neunziger gefeiert. Wenn Nuno auf der Bühne die Hände über die Saiten fliegen läßt, bekommt so mancher Amateur im Publikum Atembeschwerden, und auf die Frage nach dem ,Wie?‘ antwortet er trocken: „Schau mir doch einfach auf die Finger.“ Dabei kam der 24jährige Wunderjüngling zur Gitarre wie die Jungfrau zum Kind.
„Ich habe mit 14 Jahren angefangen, hauptsächlich, um meinem großen Bruder zu imponieren. Am Anfang hat es mir gar keinen großen Spaß gemacht, aber als ich gemerkt habe, wie leicht mir alles fällt, daß Griffe praktisch von selber kamen, als hätte ich sie schon immer in mir gehabt, dachte ich mir, damit kannst du Geld verdienen. “ Die nüchterne Kalkulation ging auf, ist aber über die Jahre zu einer feelsaitigen Besessenheit geworden — „Musik ist heute für mich wie Sauerstoff“ —, doch den Kontakt zur Basis hat Nuno ob all der Lobpreisung sympathischerweise nicht verloren. „Ich bin Gitarrist in einer Band, und nur zu viert sind wir wirklich was wert. “ Da hat einer seine Lektion aus der Musikgeschichte gelernt: „Ich hatte nie Helden, ich mochte Van Haien, aber nicht nur wegen Eddie, sondern als Band. Und wer ist denn schon ein Jimmy Page ohne Led Zeppelin?“ Braver Junge.
