Sting


Niemand wußte Bescheid. Selbst Stings Plattenfirma wurde von einer New Yorker Radiostation überrascht. Freitag abend (22.2.) jagte ein erregter Dee Jay mit enthusiasmierter Stimme die Meldung über den Äther – eine halbe Stunde später standen in der 11th Street, Downtown Manhattan, die Leute Schlange. Sting, Montag 26.2., solo im Ritz!

Natürlich sold out (schätzomative 2000) und in dem Bewußtsein, hier einer kleinen Sensation exklusiv beizuwohnen, begrüßt man den Einzelgänger-Polizisten kurz vor Mittemacht dementsprechend frenetisch. Gordon Sumner – noch im Dunkel – tritt ans Mikro, und schon der erste Ton aus seinem Munde bringt die halbe Miete: „Rooooxanne…“roter Scheinwerfer an, da steht er, umgeschnallte Fender, neuer Kurz-Haircut und sowieso schön wie immer „…you don’t have to put on yoar red light…“

Nach und nach entert jene New Yorker Musiker-Crew die Bühne, die auch auf Stings erstem Solo-Album (kommt im Mai) vertreten sein wird. Allen voran der Miles Davis erprobte Wunder-Saxmann Branford Marsalis, der mit einem zärtlich/imposanten Sopran-Solo die Nutten-Ballade im offenen Akkord auspendeln läßt.

Es folgen einige weitere Police-Knalier wie „Walkin‘ On The Moon“, „Driven To Tears“ oder „When The World Is Running Down…“, kompromißlos runtergedroschen von Kenny Kirkland (keyb), ebenfalls Miles Davis-Mann Darryl Jones (bass), Ex-Weather Report-Schlagzeuger Omar Hakin, zwei schwarzen Chormädels und dem Maestro himself, vorwiegend eine unauffällige Rhythmusgitarre in der Hand. Die Profi-Jazzer halten sich erstaunlich eng an die Originale, wohl um nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen. Denn daß Sting hier hauptsächlich seine Songs antesten wollte, lag auf der Hand.

So verkündet dann der gute Mann vor der tadellos vorbereiteten „Weltpremiere“, wie „really fuckin‘ nervous“ er sei – wir im Publikum können vor lauter Ehrfurcht kaum noch atmen! – und dann erklingen sie: fünf Songs, streckenweise wirklich interessant und absolut unpolizistisch gestaltet, singt er von Liebe (logisch), solidarisiert sich mit den britischen Bergarbeitern (naheliegend) und stellt seinen „favourite song“ des Albums vor – ein äußerst seltsames Stück Musik, drei Viertel per Takt, handelnd von einem Vampir, der des nächtens durch die Straßen von New Orleans pilgert sehr, sehr … mystisch!

Dazu noch ein paar Police-Stücke und alte Bluesklassiker, doch jetzt ist’s nur mehr Pflichterfüllung. Fazit: Auf das Album darf man in der Tat gespannt sein, aber das wären wir ja ohnehin gewesen. Stings Ego jedenfalls scheint wieder einmal volle Satisfaktion erlangt zu haben: Die gesamte New Yorker Musik-High Society kam angetanzt…