Steve Winwood, München, Babylon
MIT GESENKTEM HAUPT trottet Steve Winwood in dunkelrotem Hemd und schwarzer Hose hinter seiner neunköpfigen Begleitband auf die Bühne. Umgehend verschanzt sich der Mann, der mit der Spencer Davis Group und Traffic Rockgeschichte geschrieben hat, hinter seiner Hammondorgel. Zwar gehört Winwood zweifelsfrei in die Kategorie „leibhaftige Rocklegende“, die glamouröse Eitelkeit so mancher Kollegen geht dem „Mozart des Rock“, wie ihn ein US-Kritiker einst nannte, jedoch sympathischerweise ab. Erst nach drei Songs zum Warmspielen, darunter ein kochendes „I’m A Man“, murmelt Winwood ein schüchternes „Hallo“ ins Publikum. Als Augenblicke später die ersten Takte des 83er-Hits „While You See A Chance“ erklingen, macht der spontane Jubel der 500 Konzertbesucher den 49jährigen sichtlich verlegen. Fast verschämt grinst er, quetscht ein paar Licks aus seiner Stratocaster und singt die ersten Zeilen. Der berühmte Funke springt nun endgültig über, und bis auf ein paar kleine Hänger hält Winwood das Publikum während der 90 minütigen Show souverän bei der Stange. Mit seiner gut eingespielten Big Band brennt er ein wahres Feuerwerk seiner inbrünstigen, perkussionsverliebten Melange aus R&B und Soul ab. Das von Narada Michael Waldens Produktionshonig verklebte Material des neuen Album Junction Seven“ wirkt live spritziger, rauher und packender. Und natürlich ist Winwood Profi genug, um mit seinen Oidies „Keep On Running“,“Higher Love“oder „Back In The High Life Again“ Dienst am Kunden zu leisten. Das mehrheitlich ergraute Publikum tobt, als der immer lockerer werdende Meister seine Visite mit zischender Hammondorgel und einem fulminanten „Gimme Some Lovin'“ beendet. Zwei Drumsoli und ellenlange Ausflüge der zweifelsohne begabten Instrumentalisten sind zwar nicht jedermanns Sache, aber Musiker vom Schlage eines Steve Winwood scheren sich kaum um die heutzutage angesagte Bühnen-Etikette. Dieser Mann hat eigene Vorstellungen, auch wenn die nicht immer in Einklang stehen mit dem aktuellen Musikverständnis.