Sonic Youth
Goo (1990)
Zehn Jahre nach ihrem Debüt war auch die ideoI logische Speerspitze der amerikanischen Musikalternative im finanziell sicheren Schoß der Industrie gelandet und veröffentlichte mit „Goo“ einen Major-Einstand, der nicht nur treue Fans der ersten Stunde erleichtert aufatmen ließ, sondern außerdem das bisherige Schaffen der Band konzentriert auf den Punkt brachte. Feedback-Orgien und verzerrte Gitarren des unbarmherzigen Verstärker-Quälers Thurston Moore verschmelzen mit betörenden Melodien zu einer unwiderstehlichen Einheit. Wer hätte gedacht, daß Avantgarde-Rock so erotisch sein kann? Wenn Bassistin Kim Gordon auf „Goo“ den Mund aufmacht, wenn sie auf „Tunic“ über die tragische Geschichte der Karen Carpenter fabuliert oder auf „Kool Thing“ mit den Macho-Posen schwarzer Rapper (auf dem Track persönlich vertreten durch Public Enemy’s Chuck D.) abrechnet, verkümmert neben ihr so gut wie jede weibliche Pop-Pflanze zum vertrockneten Wohnzimmerkaktus. „Goo“ spielt mit den Posen gängiger Popmechanismen und zeigt mit viel Sarkasmus auch in der Cover-Gestaltung, daß Sonic Youth keine verknöcherten Ideologie-Prediger sind. Ohne große Effekte propagieren die New Yorker unmißverständlich ihre ungleich intelligentere Variante des Post-Punks, bei der es sich sogar lohnt, die Texte zu verstehen. Und allein dadurch hätten die großen Geschwister des Teenie-Grunge eigentlich einen Oskar für ihr Lebenswerk verdient.