Slint – New York, Irving Plaza


Zwischen Pixies letzten und Dinosaur Jr. diesen Sommer ein Snack in Sachen Indie-Kulthelden-Reunion gefällig?

Passanten, die am Irving Plaza vorbeispazierten, mögen sich gewundert haben: Auf der Leuchttafel am Eingang erstrahlte der Name einer Band, den die meisten noch nie gehört hatten, darunter drängelte sich eine endlose Schlange wartender Fans und Schwarzhändler, die Tickets für stolze 100 Dollar feilboten. Das noch dazu, obwohl dies nur das erste von drei Konzerten in New York war. Das Phänomen ist schnell erklärt: Slint waren eine der einflußreichsten Bands des US-lndierock. Bereits ihr 1988er Debüt Tweetz wurde ob seiner kryptischen Gesangsfragmente und der unberechenbaren Rhythmuswechsel vom intellektuellen Publikum geliebt, der 91er-Nachfolger Spiderland gilt als Meisterwerk und ewiger Klassiker des Independent Rock, Wegbereiter für Bands wie Mogwai. Mit Songs, die nicht wirklich zum Mitsingen einluden, sondern in ihrer Struktur eher an klassische Symphonien erinnerten und mit Texten und Stimmungen aufwarteten, die an die gequälten Seelen postpubertärer Lebenskrisler apellierten. In einer Zeit, in der Nine Inch Nails Noiserock und Hiphop den Mainstream eroberten, war Spiderland so wundersam und einmalig wie die Erscheinung eines Marienbildes auf einer Toastscheibe – und leider auch 50 vergänglich. 1992 trennten sich Slint. Gitarrist David Pajo tauchte später bei Tortoise und Zwan auf, Drummer Britt Walford (unter dem Pseudonym Shannon Doughton) trommelte bei den Breeders, doch Slint blieben verschollen – bis jetzt zu dieser unerwarteten, auf wenige Shows beschränkten Reunion. Kein Wunder also, daß sämtliche Konzerte in Windeseile ausverkauft waren und der hauptsächlich männliche Anfang-30er-Mob so erregt war, als würde der Heilige Gral öffentlich ausgestellt. Unbeirrt, teilweise mit dem Rücken zum Publikum, predigten Slint denn auch ihre Songs von der Bühne herab, in ruhigeren Passagen glitt die Stimmung vollends ins Sakrale, freche Zwischenrufe wurden mit kollektivem „Psssst“ gestraft, ein „Amen“ am Ende der Show hätte nicht überrascht. Das beeindruckendste Element des Konzertes war gleichzeitig auch das enttäuschendste: Slint spielten mit schier unglaublicher Präzision und Originaltreue. Egal ob beim athmosphärisch mäandernden Opener „Good Morning, Captain“ oder der turbulenten Progrock-Schlußnummer „Rhoda“; Es waren partout keine Unterschied zu den Albumversionen, aber auch keine wirklichen Emotionen seitens der Musiker auszumachen. Die Hardcore-Fanswaren’s zufrieden: Wann bekommt man schon mal eine Zeitreise zurück in die Jugend geboten? Andere, die dem Hype oder einfacher Neugier gefolgt waren, ließ die perfekte Show ein wenig unberührt zurück: Was 1991 wegweisend war, hat heute zwar elegante Patina, riecht aber trotzdem etwas muffig, >>>www.southern.com/southern/band/SLINT