Sinead O’Connor covert einen Prince-Song und vergießt eine Träne.
Hat sie nun, oder hat sie nicht? Das fragen sich weltweit die Zuschauer des Musikkanals MTV, wenn wieder einmal der Clip zu „Nothing Compares 2 U“ über die Mattscheiben flimmert. Ist die Träne, die man in Großaufnahme über die Wange der irischen Sängerin Sinead O’Connor kullern sieht, nun echt oder nicht? Egal, Fakt ist: Die grandiose Drei-Minuten-Schnulze aus der Feder Seiner Wunderlichen Majestät, des kleinen Prince aus Minneapolis, rührt Millionen und beschert der 24-Jährigen ihren bis dahin größten Hit. Das dazugehörige Album „I Do Not Want What I Haven’t Got“ präsentiert die eigenwillige Irin als ebenso kompromisslose wie kommerzträchtige Künstlerin. Traditionelle Elemente ihrer Heimatfolklore vermengt sie ungeniert mit großflächigen Streicherarrangements, Straßen-Rock’n Roll und wavigen Synthesizertönen. Dazu inszeniert sie sich provokativ, aggressiv und kratzbürstig, kontrastiert ihr zartes Engelsgesicht mit asketischer Glatze. Und sie macht mit auch in Rockstarkreisen ungewöhnlichen Aktionen von sich reden. So zerreißt sie vor laufender Kamera im US-Fernsehen ein Bild des Papstes und bemerkt dazu: „Kämpft gegen den wahren Feind!“ Politisch schlägt sie sich auf die Seite der terroristischen IRA, entschuldigt Diktatoren wie Sadam Hussein oder Adolf Hitler, in dem sie behauptet, die Herren seien als Kind missbraucht worden, und beschimpft zudem so ziemlich alles und jeden in der „verrotteten“ Musikbranche. Nicht jedoch kalkulierte Rebellion steckt hinter ihren extremen Auftritten. O’Connor leidet an den Folgen einer schweren Kindheit, ihre Eltern ließen sich früh scheiden, ihre Mutter starb bei einem Autounfall, und Sinead war zeitweise in einem Heim für verhaltensgestörte Kinder. Erst Jahre später findet die heute zweifache Mutter Frieden mit sich und der Welt-freilich zum Preis ihrer eigenen künstlerischen Bedeutungslosigkeit.