Scheidung auf kölsch


Ein Jahr lang will das Kölsch-Paar Wolfgang & Major getrennt von Tisch und BAP leben, sich um Kunst und Kinder kümmern. Und dann?

Gleich knallt’s hier. Vor dem Lokal in der Kölner Südstadt, in dem ich mich mit BAPs Klaus .Major‘ Heuser verabredet habe, wird gerade die neueste Folge von „Eurocops“ mit Heiner Lauterbach gedreht. Wo sonst Motorräder parken, steht plötzlich eine Telefonzelle. So machen das die Filmleute: Wenn sie nicht mehr weiterwissen, stellen sie einfach eine Telefonzelle auf.

Bei BAP ist das mit dem Weitergehen nicht so einfach. Doch Klaus muß erst einmal seine Freude über die vergangenen Tour-Wochen an den Mann bringen: „Wir haben selten soviel Spaß auf einer Tour gehabt. Außerdem sind wir“ — er zögert kurz, bevor er das Wort ausspricht — „reifer geworden. Ich habe nicht mehr das Gefühl, jedesmal auf der Bühne unbedingt allen Leuten zeigen zu müssen, was ich auf der Gitarre alles drauf habe. Ich spiele jetzt mehr, um dem Stück zu dienen, nicht nur mir selbst. Bei dieser Tour war ich jedenfalls zum erstenmal nicht froh, als sie vorbei war.“

Diese BAP-typische Spielfreude kommt natürlich auch der in diesen Tagen erscheinenden Live-Doppel-LP mit dem programmatischen Titel AFFROCKE zugute, obwohl sie eine eher schwere Geburt war. Immer wieder hatte man Aufnahmen für diese zweite Live-Scheibe gemacht, bei sechs oder sieben Konzerten, aber der Zusammenschnitt konnte dann am Ende nie wirklich überzeugen. Deshalb wurde im Frühjahr im Kölner E-Werk eigens für diese Aufnahme ein Konzert veranstaltet. Und das klappte dann auch. „Ich hätte allerdings lieber an einem anderen Ort gespielt, weil es für uns hier in Köln immer besonders seh wer ist. Da kommen viele Freunde mit Freikarten und es dauert, bis Stimmung aufkommt. Freunde sind skeptischer, Euphorie kommt da nicht so leicht auf.“

Doch auch innerhalb der Band beschränkt sich die Euphorie eher auf den Privatbereich der Musiker denn auf BAP-Angelegenheiten. Der seit sieben Jahren gemietete Proberaum in einer alten Lagerhalle an der Oskar-Jäger-Straße in Köln-Braunsfeld, der schon Joe Cocker, Wolf Maahn und Marius Müller-Westernhagen als Gäste sah, wurde der Band gekündigt. Wird alles abgerissen, Häuser hingestellt. „Wir hatten da zum Schluß schon mehr oder weniger ein eigenes Studio. Ich trauere dem allerdings nicht sehr hinterher. Ich finde es eigentlich immer gut, wenn ein Abschnitt zu Ende ist und ein neuer Abschnitt anfangt.“ Ein Abschnitt gedämpfterer Band-Chemie, denn ein neuer Raum soll vorerst nicht mehr beschafft werden. Wenn nötig, wollen sich BAP lieber eine neue Lokalität zum Proben außerhalb Kölns auf begrenzte Zeit mieten.

„Das hat auch noch einen anderen Vorteil: Wir werden ja alle älter, die meisten haben Familie, Kinder. Wenn wir in Köln geprobt haben, war es in letzter Zeit immer schwierig, alle für einen Termin ßr längere Zeit zusammen zu kriegen, weil jeder immer irgendwas zu tun hat. Kinder abholen, ins Kino gehen usw. Wenn wir uns was mieten, dann ist klar: Jetzt wird geprobt, das hat Priorität.“

Kinder, Kino, die ruhige Kugel schieben – bleibt bei BAP die Klampfe kalt? Jetzt machen wir erstmal ein Jahr nichts zusammen. Wir haben uns Urlaub gegeben. In der Zeit kann jeder machen, was er will. Der Wolfgang will sich wieder mehr aufs Malen konzentrieren, und ich mache in der Zeit halt ,Brings‘, produziere vielleicht noch irgendwann ’ne Heavy Metal-Band. Außerdem mache ich die Musik zu dem Film der Thränhardt-Briider über Boris Becker.“ Bis auf weiteres wurschteln also alle BAPs getrennt vor sich hin, was aber nicht heißen soll, daß sie dabei musikalisch untätig bleiben. „Wir haben das jetzt gesplittet. Ich habe mir ein eigenes 20qm-Studio im Keller eingerichtet. Der Wolfgang hat auch einen kleinen Proberaum bei sich im Haus, wo er auch mit den anderen ‚mal zusammen spielen will. Auch der Axel hat sich bei seinen Schwiegereltern im Haus ein kleines Studio eingerichtet.“

Auf der nächsten Platte wird man diese Differenzierung innerhalb der Band vermutlich zu hören kriegen. Zuvor wird aber erst mal gefeiert — für VUN DRINNE NOH DRUSSE bekamen sie Doppelplatin. Das bedeutet eine Million verkaufter Exemplare, bei deutschen Künstlern eher die Ausnahme: „Der Herr Grönemeyer schafft das zwar immer, und es sei ihm auch gegönnt. Aber für uns ist das etwas besonderes. „Und noch etwas teilen sie mit ihrem Kölner Kollegen:

„Das ist wie im Sport, bei Boris Bekker: Es ist schwer nach oben zu kommen, aber oben zu bleiben ist noch viel schwerer.“