Sarah Kuttner – Die Kolumne


Ein Blick auf den Musikexpress-Kalender an meiner Ideenwand lässt mich freudig fingerknackend ausrufen: „Aaaah, Weihnachten! Klasse! Rasch einen Zimt-Tee aufgebrüht und ran an die Schreibmaschine, klapperklapperklapperklapper, schreibschreibschreib. Doch halt: Wer glaubt, von mir das durchgekaute Thema „Weihnachten“ als Durststreckenlöscher angesichts fortgeschrittener Ideenarmut verkauft zu bekommen, der irrt sich. Denn: Weihnachten ist kein müdes Pflichtthema, das höchstens noch den Zweck erfüllt, ratlosen Kolumnisten billiges Material zum Füllen ihrer Leerflächen zu liefern. Weihnachten ist ein absoluter Hirnfick, eine sinnliche Geschlechtsumwandlung des Geistes, das Wacken Open Air unter den Superthemen, für das man das Zeug haben muss. Moment, darf man Weihnachten als Hirnfick bezeichnen, oder bekommt man da Ärger? Und wenn ja -mit wem? Mit der Kirche? Wohl kaum. Die Kirche hat, soweit ich weiß, alle Rechte an Weihnachten längst verloren. An wen? Na, an die Industrie! Andererseits erfahrt man immer wieder, dass alle möglichen Sachen den komischsten Leuten gehören. YouTube zum Beispiel gehört Google, das ergibt noch einigermaßen Sinn. Die Beatles-Songs wiederum gehören Michael Jackson. Wobei: Gehören die tatsächlich noch Michael Jackson? Darf Michael Jackson, der mittlerweile verarmte Ex-Prinz of Pop, noch morgens müde zum Computer schlappen, die Kiste hochfahren und in seinem E-Mail-Account checken, wie viel ihm allein letzte Nacht die ganzen Beatles-Songs an Umsatz eingebracht haben?

Ist das noch so oder ist dies ein Bild, das der Vergangenheit angehört? Sollte dem so sein, muss man sich wohl wieder Paul McCartney vorstellen, wie er morgens mit zerzaustem Haar im Bademantel zum Computer schlappt und händereibend den gestern eingefahrenen Zaster begrünt. Nein, das ist keine naive Vorstellung – da kommt allabendlich einiges zusammen! Man muss nur mal irgendwo in der Draußengastronomie rumsitzen: Nach spätestens fünf Minuten kommt irgendne Pfeife vorbeigelaufen und spielt auf der Pfeife „Ob-La-Dings-Ob-La-Hop“. Durch einen mit der Pfeife verbundenen Adapter, der mit Paul McCartneys (vormals Michael Jacksons) Computer verbunden ist. geht sofort die Meldung ein: „Achtung, Lied wurde gespielt, Gewinnbeteiligung in Höhe von soundsoviel geht bald ein.“ So oder ähnlich. Allerdings ist gerade ein bisschen Tantiemen-Flaute, was damit zu tun hat. dass nicht sonderlich viele Ob-La-Di-Pfeifen um die Häuser ziehen und pfeifen, weil die Außengastronomie gerade von etwas ganz anderem durchpfiffen wird: Wind nämlich. Das wiederum liegt an Weihnachten, meinem eigentlichen Kolumnenthema heute. Bevor mir jetzt Kritiker vorwerfen, das Thema verfehlt zu habe, belle ich prophylaktisch zurück: „Egal! Mir vollkommen wurscht. Denn stets war es mein Ansinnen, Lehrreiches dort zu vermitteln, wo es gerade im Weg rumliegt, auch wenn es auf einem äußerst schmalen Seitenpfad der Hauptthematik geschieht.“ Um jetzt noch massiv ins Thema Weihnachten einzusteigen, ist der Platz natürlich ein wenig klamm. Daher sei nur das Wichtigste gesagt: 1. Nicht wieder den alten Weihnachtsfehler machen und zu viel erwarten. Das hier ist immer noch die Realität und keine amerikanische Christmas-Komödie mit, sagen wir, Billy Crystal (1. Erwähnung in meiner Kolumne!). 2. Nehmt euch nicht vor. diesmal nicht so viel zu essen wie sonst. Klappt eh nicht. Und 3. Billy Idol hat ein Weihnachtsalbum gemacht. Kauft es nicht, es ist totale Scheiße!